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Weber: Geschichte des Calvinismus
berauben würde, wenn er den Glauben des Bürgers antastete,
worin dieser die Beruhigung seines Gewissens und den Trost sei-
nes Lebens fand. Die Lehre der Huguenotten war in seinen Au-
gen kein Verbrechen; obwohl Cardinal und früher nicht ohne
Meinungseifer, hegte er jetzt duldsamen Sinn, einzig auf die
Gröfse des Staats und der königlichen Allmacht bedacht; blos die
selbstständige Verfassung des Bundes war ihm ein Dorn im Auge;
sie mufste vernichtet werden. Sobald daher die Protestanten auf
gleicher Stufe standen mit der Masse des Volks, waren sie seine
Feinde nicht mehr. Übrigens führt das erste Capitel dieser drit-
ten Abtheilung der Geschichte der Reformirten in Frankreich die
Geschichte dutch die Zeiten der Fronde hindurch und das Re-
sultat der Erzählung wird S. 276 ganz vortrefflich auf folgende
Weise kurz zusammengefafst: Der Hof verkannte die Verdienste
der Huguenotten in jenem drohenden Zeitpunkte nicht, und Ma-
zarin selbst gestand ein, dafs der Thron gewankt habe und dafs
die Protestanten ihn festgehalten hätten; und nach Beendigung
der Unruhen gab man ihnen manchen Beweis der Zufriedenheit.
Die unglücklichen Calvinisten aus Pamiers, die in den Religions-
kriegen von ihrem Eigenthum vertrieben worden waren und seit-
dem hülflos und zerstreut an andern Orten lebten, durften in
Folge eines Erlasses vom Jahre *652 in ihre Heimath zurück-
kehren und Besitz von ihrem Vermögen nehmen, und es war
nicht Schuld des Hofes, wenn die Ränke des BischofTs von Pa-
miers und die Ungerechtigkeit des Gerichtshofs von Toulouse die
Wirkung dieser billigen Verfügung vereitelten. In Alais, Nismes
und andern Orten erhielten die Protestanten Berechtigungen, die
sie in Bezug auf die Theilnahme städtischer Ämter in ein glei-
cheres Verhältnifs zu den Katholiken setzten, und am 21. Mai
»652 wurden alle bisherigen Edicte zu Gunsten der Reformirten
feierlich erneuert. An mehrern Orten, wo seit einigen Jahren
der Galvinische Gottesdienst verhindert worden war, sang man
aufs neue die Psalmen, und die ersten Regierungsjahre des jun-
gen Königs versprachen den Huguenotten ein goldnes Zeitalter.
Das ganze zweite Capitel ist der Geschichte der Verhältnisse ge-
widmet, die der Verf. nach dem Titel seines Buchs ganz beson-
ders behandeln wollte, dies swird man schon aus folgender Über-
schrift des Capitels sehen können. Die Calvinisten werden
von Mazarin begünstigt — Sie unterstützen die WaU
denser in den Thälern von Piemont, Die katholische
Geistlichkeit macht die Huguenotten am Hofe ver«
Weber: Geschichte des Calvinismus
berauben würde, wenn er den Glauben des Bürgers antastete,
worin dieser die Beruhigung seines Gewissens und den Trost sei-
nes Lebens fand. Die Lehre der Huguenotten war in seinen Au-
gen kein Verbrechen; obwohl Cardinal und früher nicht ohne
Meinungseifer, hegte er jetzt duldsamen Sinn, einzig auf die
Gröfse des Staats und der königlichen Allmacht bedacht; blos die
selbstständige Verfassung des Bundes war ihm ein Dorn im Auge;
sie mufste vernichtet werden. Sobald daher die Protestanten auf
gleicher Stufe standen mit der Masse des Volks, waren sie seine
Feinde nicht mehr. Übrigens führt das erste Capitel dieser drit-
ten Abtheilung der Geschichte der Reformirten in Frankreich die
Geschichte dutch die Zeiten der Fronde hindurch und das Re-
sultat der Erzählung wird S. 276 ganz vortrefflich auf folgende
Weise kurz zusammengefafst: Der Hof verkannte die Verdienste
der Huguenotten in jenem drohenden Zeitpunkte nicht, und Ma-
zarin selbst gestand ein, dafs der Thron gewankt habe und dafs
die Protestanten ihn festgehalten hätten; und nach Beendigung
der Unruhen gab man ihnen manchen Beweis der Zufriedenheit.
Die unglücklichen Calvinisten aus Pamiers, die in den Religions-
kriegen von ihrem Eigenthum vertrieben worden waren und seit-
dem hülflos und zerstreut an andern Orten lebten, durften in
Folge eines Erlasses vom Jahre *652 in ihre Heimath zurück-
kehren und Besitz von ihrem Vermögen nehmen, und es war
nicht Schuld des Hofes, wenn die Ränke des BischofTs von Pa-
miers und die Ungerechtigkeit des Gerichtshofs von Toulouse die
Wirkung dieser billigen Verfügung vereitelten. In Alais, Nismes
und andern Orten erhielten die Protestanten Berechtigungen, die
sie in Bezug auf die Theilnahme städtischer Ämter in ein glei-
cheres Verhältnifs zu den Katholiken setzten, und am 21. Mai
»652 wurden alle bisherigen Edicte zu Gunsten der Reformirten
feierlich erneuert. An mehrern Orten, wo seit einigen Jahren
der Galvinische Gottesdienst verhindert worden war, sang man
aufs neue die Psalmen, und die ersten Regierungsjahre des jun-
gen Königs versprachen den Huguenotten ein goldnes Zeitalter.
Das ganze zweite Capitel ist der Geschichte der Verhältnisse ge-
widmet, die der Verf. nach dem Titel seines Buchs ganz beson-
ders behandeln wollte, dies swird man schon aus folgender Über-
schrift des Capitels sehen können. Die Calvinisten werden
von Mazarin begünstigt — Sie unterstützen die WaU
denser in den Thälern von Piemont, Die katholische
Geistlichkeit macht die Huguenotten am Hofe ver«