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von Meyer, Hagnauer.

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verurtheilt, 9 aus Mangel an Beweis entlassen, 6 losgesprochen.
— Die Geistlichkeit besteht aus 119 Mönchen, worunter 25 sich
mit dem Unterrichte beschäftigen, und 520 Weltgeistlichen; also
zusammen Einer auf 170 Einwohner (der zehnte Theil wäre zur
Seelsorge zureichend), nebst i65 Nonnen. Die Reformation, die
der Verf., im Übrigen ein frei und scharfblickender Denker, als
»neue Irrthümer« bezeichnet, hatte sich seit 1534 nach Locarno
verbreitet, aber i555, bei strenger Kälte, die 3 Personen das
Leben kostete, wurden die Reformirten zur Auswanderung ge-
zwungen. So erhielt Zürich die geachteten Familien der Orelli
und Muralto in seine Bürgerschaft. Das groPse Sittenverderben
der Geistlichkeit wurde von dem unermüdlichen Eifer des Car-
dinais Borromäus (San Carlo) mit Erfolg bekämpft. — Über 20
Einsiedler hausen auf den Bergen und leben von Almosen.
Für den Freund der Sprachvergleichung sind die Proben
des tessinischen Dialektes, der sich dem Romanischen nähert,
nicht ohne Interesse. In einigen Orten des unteren Livinerthals
ist die Kühnheit, einen Superlativ von Hauptwörtern zu bilden,
im Gebrauche, z. B. testissima statt grande testa, grofser Kopf,
omissim statt grande uomo u. s. w.
Bei den Finanzen ist vorzüglich zu bemerken, dafs Tessin
und Uri die einzigen Cantone mit einer Staatsschuld sind. Die-
selbe beträgt dort nicht ganz 5 Milk Lire (1% Milk fl.). Die
Verzinsung kostet 235,000, die Tilgung 138,000 Lire (gegen 2%
Proc. des Schuldenstammes). Von den Staatseinkünften , die für
i833—34 auf 897,000 L. angeschlagen wurden, werden über
3/s (566,ooo L.) durch Zoll und Weggeld, über y2 (247,000 L.)
durch das verpachtete Salzregal gedeckt. Der Pachter verkauft
das von ihm noch gereinigte Salz zu 42 V2 hak Centesimi das
Kil., also das bad. Pfund zu beinahe 6 Kr., was man, im Ver-
gleich mit dem Preise in der Lombardei, für sehr mäfsig hält.
Die Post ist für 6000 L. jährlich an Zürich überlassen, die Lot-
terie für 4000 L. verpachtet; die jährlichen Einsätze wurden
»832 auf i5o,ooo L. angegeben.

K. H. Ra u.
 
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