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Schriften von Colquhoun und Bowyer über röm. Recht in England. 57
rig nachzuweisen, dass in das ganze bürgerliche Recht Englands und
Nordamerika’s das römische Recht sich tief verwachsen und ein Theil
des Rechts jener Länder geworden ist, so dass ohne Kenntniss des rö-
mischen Rechts es unmöglich ist, das englische Civilrecbf gründlich ken-
nen zu lernen. Die grössten Zierden der juristischen Welt Englands ha-
ben diess zu allen Zeiten anerkannt. Der grosse Matthew Haie erklärte
bei jeder Gelegenheit, dass die wahren Grundlagen und die Weisheit des
Rechts in den römischen Pandekten enthalten seien, so dass Niemand sich
einbilden kann, das Recht als Wissenschaft zu verstehen, wenn er es
nicht in der römischen Rechtsquelle sucht; nicht selten beklagte daher
Haie, dass diess Recht so wenig in England studirt wird. (^Burnet’s Life
of Haie p. 24J. Einer der bedeutendsten Gelehrten Amerikas, der Kanz-
ler Kent, handelt in seinem trefflichen Commentar on American law vol. 1
p. 514. in der Einleitung unter den Quellen des amerik. Rechts vom röm. Recht
und erklärt, dass das römische Recht einen sehr bedeutenden Einfluss auf das
Recht seines Vaterlandes ausübe. Die Eigenthiimlichkeit liegt nur darin,
dass die Rechtsanschauung in England durch die Nationalität, welche alle
Verhältnisse und so auch die Rechtsverhältnisse des grossen Landes durch-
dringt, sich ausbildete und ein traditionelles Recht unter dem Einflüsse
der nationalen Ansichten, Gewohnheiten und Bedürfnisse sich entwickelte,
und selbst fortschreitend sich fortbildete. Während in Deutschland in den
Ländern, in welchen das gemeine Civilrecht gilt, die römischen Rechts-
institute als giltig betrachtet werden , jeder Rechtssuchende auf römische
Aussprüche ebenso wie auf verbindliche gesetzliche Vorschriften sich bezieht,
wie der französische Jurist auf sein Civilgesetzbuch sich beruft, kann
in England kein Rechtsgelelirter für seine Behauptung der Giltigkeit ei-
nes gewissen Rechtssatzes auf römisches Recht sich berufen z. B. im
Eherechte anführen, dass die Ehefrau so behandelt werden müsse, wie
das römische Recht diess vorschreibt für eine Frau, die nach dem jure
dotium lebt; jeder englische Jurist muss sich auf englisches Recht
berufen; ist in dem Rechtstheile, auf welchen es in einem Falle ankömmt,
ein Statut ergangen, so ist begreiflich nur diess Statut das entscheidende
Gesetz, und zur Ergänzung und Auslegung kann sich der Jurist auf ei-
nen römischen Rechtssatz nur soweit berufen, als man sich sonst auf die
Autorität eines grossen Juristen oder auf das Vernunftrecht beruft oder
eine Behauptung dadurch rechtfertigen will, dass der Satz bei allen ge-
bildeten Völkern anerkannt sei, wofür die Autorität des römischen Rechts,
als des Rechts des grössten und gebildetsten Volkes der alten Welt
spricht, oder der Jurist müsste sich darauf berufen, dass der römische
 
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