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Nr. 48. HEIDELBERGER 1855.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Horatii Sermonn. ed. Kirchner.

Schluss.
Doch lassen wir lieber darüber den Verfasser selbst reden, Seite
XIV der Vorrede:
„Ohne Anmassung darf ich aber behaupten, dass noch Niemand vor mir
einen solchen Apparat zu unserm Autor besessen, Niemand so viele alte
Handschriften aus so vielen Jahrhunderten selbst gesehen und genau durch-
verglichen, Niemand eine solche Felge der wichtigsten Ausgaben von den
Anfängen der Buchdruckerkunst bis auf diesen Tag besessen, oder was mehr
ist, genau benutzt hat. Denn in unserm Apparat zu den Satiren liefern wir
eine mit Inbegriff der Codices und der Ausgaben fast durch tausend Jahre hin-
durchgehende diplomatische Geschichte des Textes und aller bisherigen Lei-
stungen für denselben in der darauf bezüglichen Litteratur, woraus sich der
vorhandene Bestand aller Lesarten ergibt, von denen manche gute aber un-
sichere durch die Autorität der Handschriften ihre volle Bestätigung erhalten,
manche richtige Conjectur begründet, manche unnütze abgewiesen, manche
für neu gepriesene als längst vorhanden nachgewiesen und überhaupt ge-
zeigt wird, bis wie weit die bisher bekannten Quellen und die Forschungen
der Gelehrten an jeder Stelle reichen, und wo also jeder neuen Bemühung
Bahn gegeben ist. Durch die grosse Fülle neuer Lesarten aus den Handschrif-
ten und alten Ausgaben, welche unser kritischer Apparat darbietet, ist der
Kritik ein reicher Schatz zu Vermuthungen und Aenderungen, den jüngern
Philologen aber ein fruchtbares Material zur Geistesübung geboten; wie über-
haupt in den zahllosen Verbesserungen und Conjecturen so vieler Gelehrter
aller Jahrhunderte eine Fülle von Geist und Scharfsinn enthalten ist, welcher
forschend, beistimmend oder widerlegend nachzugehen, eines denkenden Gei-
stes weder unwerth noch unfruchtbar ist.“
Dieser kritische Apparat findet sich unter dem Text zu beiden
Seiten in Noten aufgeführt, wobei durch zweckdienliche Abbrevia-
turen ungemein Vieles auf einen äusserst kleinen Raum zusammen-
gedrängt und eine bequeme Uebersicht sehr erleichtert wird. Ueber
die in dem Texte selbst beobachtete Orthographie hat sich der
Herausgeber S. XVI und XVII näher ausgesprochen, Einzelnes auch
gelegentlich in den kritischen Noten bemerkt, wie z. B. zu I, 4,
123, wo gewiss mit Recht die Schreibung obiieiebat der zusam-
mengezogenen obiciebat vorgezogen wird. Eben so wenig konnte
der Herausgeber sich entschliessen, in Sat. 1, 5, 40, 48 Vergilius
statt des herkömmlichen Virgiliüs zu schreiben, indem die letztere
Schreibung an dieser wie an den andern Stellen der Oden und der
Satiren (I, 6, 55) fast durch alle, namentlich alle guten und alten
Handschriften, wie durch die Autorität der alten Scholiasten bestä-
tigt wird. Eben so wird I, 8, 14 (und an andern Stellen) die Schrei-
bung Esquiliae, als die zu Cicero’s Zeit und in der zunächst fol-
genden Zeit gewöhnliche, bei Horatius durch die grosse Mehrzahl den
LXVIII. Jahrg. 10, Heft, 43
 
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