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Nr. 57. HEIDELBERGER 1355.
JAHRBÜCHEI BEB LITERATUR.
Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Von W. Giesebr echt. Erster
Band: das zehnte Jahrhundert. Zweite Abtheilung. Buch III.
und Quellenbeilage. XIX. S. 323—826. 8. Braunschweig bei
Schwetschke und Sohn. 1855.
Plan und Ausführung, wie sich letztere schon in dem ersten
Stück darstellt, sind bereits früher kurz besprochen worden. Es er-
übrigt daher nur, hier über den Fortgang etliche Worte fallen zu
lassen. Das Buch gehört den eben nicht zahlreichen historischen
Schriften an, welche von gründlicher, mit Liebe und Ausdauer ge-
pflegter Forschung den Stoff entlehnen und diesen mit Bewusstsein
des Zwecks zu verarbeiten trachten. Stehen zwar Wahrheit und
Wissenschaft als Regulatoren und Compass oben an, so ist dennoch
das Land, wohin gesteuert wird, mehr auf die grössere Leserwelt
des gebildeten Publikums als auf den kleinern, fast geschlossenen
Kreis der Gelehrten berechnet. Die Gliederung und Sprache bekom-
men bei diesem, ganz natürlichen Streben nach möglichster Verbrei-
tung auch die angemessene Form; sie trachten nach einer gewissen
Durchsichtigkeit und überlegten Abstufung, wodurch dem selbstver-
ständlich vorbereiteten Leser die unerlässliche, schwierige Aufgabe
erleichtert wird, sich in jene fern gelegenen und doch wiederum
wegen ihres innere Zusammenhanges nahen Zeiten des s. g. Mittel-
alters hineinzufühlen und hineinzudenken. Da man aber leicht bei
dem besten Wollen des Gegentheils versucht ist, den Genius des
abgelaufenen Jahrhunderts und Jahrtausends durch Selbstbespiege-
lung in der Gegenwart zu verkleistern, so ist es auch einem grössere
Publikum gegenüber ganz angemessen, einzelne, durch die Gunst
des Schicksals noch erhaltene Denkmale oder Denkwürdigkeiten, sei
es vollständig oder bruchstückweise, an der rechten Stelle mitzu-
theilen. Dadurch bekommt dann die Erzählung jene eigenthümliche
Frische und Lebendigkeit, welche man mit Recht an vielen zeit-
genössischen Chronisten des Mittelalters preist. Denn die Män-
gel derselben, namentlich in Bezug auf Kritik und Ausscheidungs-
kunst oder historische Chemie, werden hinlänglich aufgewogen durch
die Unmittelbarkeit und Treue des Berichts. Es versteht sich dabei
natürlich von selbst, dass eine derartige Einschiebung originaler Quel-
lenschriftsteller am geeigneten Ort geschehe und ohne die Klarheit der
eigenen Rede oder Darstellung zu stören. Denn sonst würde ja
letztere etwas gemischt und buntscheckig dastehen. — Der Verfas-
ser hat sich vor solchen Abwegen der Gelehrsamkeit, welche in
diesem Fall wirklich pedantisch würde, wohl gehütet und in der
Regel nur an dem geeigneten Platz Stellen der Chronisten und Di-
plomaten eingeschaltet. Letztere erhalten z. B. in den Tagen Kai-
ser Otto’s I. gleichfalls ihren geschichtlichen Rang, wenn der noch
XLVIII. Jahrg. 12. Heft. 57
 
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