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Chronik der Universität Heidelberg für das Jahr 1855.

Am 22. November beging die Universität in herkömmlicher Weise
das Fest der Geburt ihres erlauchten Restaurators, des höchstseligen
Grossherzogs CARL FRIEDRICH. Die Festrede ward von dem zeitigen
Prorector der Universität, Geh. Hofrath Dr. Baehr gehalten, nachdem
das Fest selbst durch einen musikalischen Vortrag der akademischen
Liedertafel in würdiger Weise eingeleitet worden war. Der Red-
ner nahm von der Wiederherstellung der Universität durch Carl
Friedrich Veranlassung zu dem Gegenstand seiner Rede,*) welche
über die Wiederherstellung der gelehrten Studien durch Carl den
Grossen sich verbreitete und zu diesem Zweck in eine nähere Dar-
stellung der von Carl dem Grossen, wenn auch nicht gestifteten, so
doch zu neuem Leben gerufenen Hochschule (Schola Palatina)
einging. Es wird g eigt, wie Carl der Grosse, so wie er an die
Spitze des Reichs gelangt war, durch Berufung ausgezeichneter
Lehrer, insbesondere des Alcuinus, dieser Schule, an welcher die um
den Hof versammelten Söhne der Grossen des Reichs zunächst ge-
bildet wurden, neuen Glanz zu verleihen und sie zu einem Mittel-
punkte gelehrter Studien unmittelbar an seinem Hoflager zu machen
suchte, zu einer Art von Musterschule, die den übrigen Schulen des
Reichs, deren Förderung Carl der Grosse sich so angelegentlich seyn
liess, vorleuchten sollte, indem an ihr die hohen Würdenträger des
Reichs , wie die zu den höheren kirchlichen Stellen Berufenen ihre
Bildung erhalten sollten. Die ganze Familie des Kaisers, selbst die
weiblichen Glieder derselben, nahm an diesen wissenschaftlichen Be-
strebungen Antheil. Es wurden aber an dieser mit dem Hoflager
selbst verknüpften und darum auch an keinen bestimmten Ort ge-
bundenen Schule oder Akademie, wie man es nun nennen will,
neben dem Studium der classischen römischen Schriftsteller, die einer
sorgfältigen Pflege sich erfreuten und als Muster der Darstellung zu
neuer Geltung kamen, insbesondere die sieben freien Künste gelehrt,
wie hier im Einzelnen nachgewiesen wird. Auch fehlte es nicht an
dem dazu nöthigen gelehrten Material, an einer Büchersammlung,
auf deren Anlage die eifrige Sorge Carls des Grossen, wie des von
ihm aus England berufenen Alcuinus, gerichtet war. So liegt in
diesen Bemühungen Carls des Grossen der Grund der Erhaltung der
classischen Studien des Alterthums, und damit der Wissenschaft selbst,
die in diesen Studien ihre dauernde Grundlage für alle folgende

*) Die im Druck erschienene Rede führt den Titel: Natalicia divi Caroli
Friderici Badarum quondam magni ducis die XXII. Novemhris MDCCCLV ab
academia Heidelbergensi rito pieque celebrata simulque praemia commissionibus
victricibus decreta novasque quaestiones propositas renuntiat Joannes Christianus
Felix Baehr, academiae h. t. Prorector. Disseritur de literarum studiis a Carolo
Magno revocatis ac schola Palatina instaurata. Heidelbcrgae. Tvpis Georgii
Mohr. MDCCCLV. 33 S. in 4.
XLVIII. Jahrg. 12. Heft.

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