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Mamiani: Scritti politici.

um die Stadt nicht ganz der Anarchie preiszugeben, den Posten an-
zunehmen, der ihm durch die viel lauter auftretenden Anhänger des
alten Systems, sowie die alle Schranken durchbrechenden Klubbisten
äusserst schwer und gefährlich gemacht wurde. Bald kam ein Schrei-
ben aus Gaeta, worin der Papst alle seine letzten Dekrete annullirte
und an die Stelle der bisherigen Minister sieben andere Personen
einsetzte, von denen einige gar nicht in Rom waren, die andern aber
sich versteckt hielten. Alle Schritte zur Versöhnung und Ausglei-
chung scheiterten an den Gegenintriguen des Hofs zu Gaeta. Es
wurde also bis zur Rückkehr des Staatsoberhauptes nach dem Ver-
fassungsrecht und dem Statut eine oberste Staatsjunta von drei Mit-
gliedern erwählt. Da die politischen Unbesonnenheiten, die Wüh-
lereien der Demokraten immer mehr überhand nahmen, da schon
Stimmen für die Constitucntc und die Republik laut wurden, so
dankte Mamiani schon nach 28 Tagen zum zweiten Mal ab. Nach
der Einsetzung einer päpstlichen Commission war auch jede Aus-
söhnung und Vermittlung zwischen dem Staatsoberhaupt und dem
Volk, die gerade die Minister angestrebt hatten, unmöglich. Die
Fluth der Anarchie, der Strassenherrschaft, Willkür und Gewalt trieb
unaufhaltsam weiter, und fibertäubte die wenigen Vernünftigen, die
in der Kammer und im Staat die Ordnung erhalten wollten. Die
Schreckensherrschaft bereitete sich vor. Ein Heer von Tagdieben
und Mördern wurde auf öffentliche Kosten unterhalten, um den Ein-
fällen der Demokratie Nachdruck zu geben. Es gehörte nicht wenig
Muth dazu, in einer Zeit, wo die constitutionell Gesinnten als Feinde
des Vaterlandes verdächtigt und verfolgt wurden, diesem Toben der
Mazzinianer, diesen republikanischen Gelüsten, diesem Umsturz aller
Reformen und Staatsordnungen sich entegenzustellen. Mamiani sam-
melte die besser gesinnten Mitglieder der Constituente um sich, und
suchte mit ihnen nach Mitteln, um die Republik und die Angriffe ge-
gen die Souveränetät des Papstes zu verhindern. Sie machten den
Papst mit der Lage des Landes, mit der noch ziemlich günstigen
Stimmung der Provinzen, mit ihren Plänen zur Herstellung der ge-
setzlichen Kraft bekannt und beschworen ihn, sie zu unterstützen.
Aber der Papst war schon ganz in den Händen der Reaktion, die
ihn sorgfältig vor jedem grossherzigen Entschluss bewahrte und die
das Land den letzten Grad der Auflösung und Vernichtung durch-
machen liess, um das alte System hinter fremden Trommeln wieder
zurückzubringen. Noch einmal liess sich Mamiani bewegen, Sitz und
Stimme in der Constituente anzunehmen, und scheute die Gefahr
nicht, sich mit allen Kräften gegen die Ausrufung der Republik zu
wehren. Als diese aber dennoch beschlossen wurde, legte er sein
Mandat nieder. Nach der Einnahme Roms durch die Franzosen,
als die kirchliche Reaktion wieder über das Land hereinbrach, im
August 1849, wurde Mamiani mit allen Constitutionellen verbannt,
und ging nach Genua. E, Rütli.
 
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