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Nr. 58.

HEIDELBERGER

1855.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Cochet: La Normandie souterraine.
(Schluss.)

Die Gräber endlich waren in geordneten Reihen neben und in
gleicher Entfernung von einander in den Boden eingegraben, und die
Todten lagen, in Asche und Kohlen, gewöhnlich von W nach O,
oder auch von NW nach SO, bei Etretat aber von NO nach SW
und bei Dieppe meistens von N nach S. Man scheint in späterer
Zeit auch die Lage der Todten von Abend gegen Morgen gar nicht
mehr beachtet zu haben. Dieselben waren oft auch mit dem Ange-
sichte gerade hinauf zum Himmel gerichtet und, während die Arme
an ihre Seiten sich anschlossen, der Länge nach ausgebreitet. Nur
zuweilen hatten sie eine sitzende Stellung und kreuzten sich die
Arme auf der Brust. Beinahe immer enthielt jedes Grab nur einen
Todten. Als seltene Ausnahmen lagen bei Londinibres, Envermeu,
Parfondeval und Dieppe zwei, drei, ja vier Todte in Einem Grabe
neben einander, selbst zwei oder drei Skelette in einem solchen über
einander. Dazu zeigten sich noch zwei besondere Erscheinungen:
bei Londinibres, Envermeu, Etretat und Dieppe befand sich der Kopf
der Skelette einige Mal nicht an. seinem Platze über den Schultern,
sondern er lag, ganz vom Rumpfe getrennt, unterhalb der Brust
oder zu den Füssen; und bei Dieppe und Envermeu waren die
Köpfe der Skelette und öfter auch diese ganz mit grossen Kiesel-
steinen umgeben. Solche fand man in den Särgen sogar, und es
war der Kopf derselben auf diese, wie auf ein Kissen, gelegt. Auch
bei Parfondeväl und Envermeu lag der Kopf nicht immer am Ende
des Skelettes, sondern öfter in Stücke zerbrochen in einiger Ent-
fernung von demselben.
Die Skelette alle waren mehr oder minder mit den vielfältigsten
Mitgaben ausgestattet, wiewohl die letztem schon in den spätem
Christlichen Särgen sehr nachlassen. Von den Kleidern selbst zeigten
sich jedoch nur noch sehr unvollkommene Spuren von Wollentuch
und Leinwand, zumal an der Seite einer Axt die von drei Gewe-
ben, also von dreien Kleidern über einander. Um so glanzvoller
stellte sich die Menge des herrlichsten Schmuckes dar bei den Frauen
und Kindern, und um so gewaltiger mit den vielfachsten Waffen
gerüstet erscheinen die Männer. Die Frauen trugen auf dem Haupte
— nicht Kronen oder das Diadem, denn es waren ja keine Könige,
und was man für Kopfreife hielt, waren die Reife von Trinkgeschir-
ren, — sondern den Kamm, ven Bein, so wie in den Haaren lange
XYIII. Jahrg, 12. Heft. 58
 
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