Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jan: C. Plini Secinidi naturalis historiae Iibri XXXVII.

655

nach der Reichenau geschenkt haben könne. Wenn ich daher bei
meiner Ansicht für deren Richtigkeit ich mich bemüht habe Be-
weise beizubringen beharre, bis man einen Gegenbeweis für die
Herkunft des Codex rescriptus aufstellt, so glaube ich so zu handeln,
wie jeder Andere, in diesem Falle auch thun würde. Es ist aller-
dings noch eine dritte Angabe erhalten, nach welcher Handschriften
aus Italien , und zwar aus Pavia, in dessen Nähe Bobbio liegt, um
jene Zeit nach der Reichenau gekommen sein sollen. Keiner mei-
ner Recensenten selbst Fickler nicht, hat diesen geschichtlichen An-
haltspunkt gegen mich geltend gemacht, und es wäre auch jezt in
meinem Interesse gewesen, denselben zu verschweigen, aber um auch
hier mit einer kritischen Untersuchung auf die dogmatische Annahme
des Ref. in Zarnke’s Blatt zu antworten, will ich darauf schliesslich
eingehen. Dieser Recensent sagt daselbst, der Palimpsest stamme
ursprünglich aus Bobbio und nicht aus Verona. In den Quellen
findet sich keine Spur, dass im Mittelalter Codices von Bobbio nach
der Reichenau kamen, die Beziehung beider Klöster bestand nur in
der Confraternität und unanimitas precum. Wenn aber der Recen-
sent in gedachtem Blatte glaubt, dass vor 799 der rescriptus von
Bobbio, wo er dann angefertigt sein müsste, nach Verona gekom-
men sei, so muss ich auf Peyron’s commentatio de bibliotheca bo-
biensi, welche dem Werke: M. Tulli Ciceronis oratt. fragmenta beige-
geben ist, verweisen. Mit Peyron’s Geschichte der Bobieneser Biblio-
thek steht eine solche Annahme in directem Widerspruche. Nach
ihm nämlich wurden die Hss. jenes Klosters erst bei dem Zer-
fall desselben im 15. Jahrhundert und später im 17. zerstreut. Aber
vom 8. oder Anfang des 9. Jahrh. ist keine Nachricht da, dass
Codices von dort weggekommen seien, geschweige denn ein Rescrip-
tus, da die Palimpsesten in Bobbio selbst meistens im 9 —11. Jahrh.
bisweilen noch später erst angefertigt wurden. Die einzige mir be-
kannte Angabe von Bücherschenkungen nach der Reichenau, die
durch gewaltsame Deutung der Worte und durch Hypothesen mit
Bobbio in Beziehung gebracht werden könnte, gibt ohne Zweifel
nach Ohem Schönhuth a. a. 0. S. 21 in den Worten: „Abt Waldo
(von 786 — 806) brachte manches Buch in das Kloster. Als ihm
nämlich das Bistum Pavia übertragen wurde, kam er in den Besitz
mehrerer Bücher, und brachte sie auf die Reichenau.“ Diese An-
gabe Ohem’s ist ganz allgemein und bietet für die Geschichte des
Palimpsesten und seine Herkunft von Bobbio auch nicht den geringsten
Anhaltspunkt, so dass ich glaube der Recensent habe diese Stelle Ohems
gar nicht gekannt, sondern nur ins Blaue hinein sich eingebildet, der Pli-
nius-Palimpsest stamme aus Bobbio, weil er von den dortigen codd.
rescripti einmal etwas hörte. In der „Legende vom heiligen Blut zu
Reichenau“, abgedruckt bei Mabillon, annal. Benedict. III. 699, bei
Pertz, monum. hist. Germ. VI. 146 ff. und bei Mone, Quellensamm-
lung I. 67 ff. wird Waldo schon im Jahre 799 oder 800, wo er die
Gesandtschaft mit dem Grafen Hunfrid von Istria zu Hassan über-
 
Annotationen