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Gerichtliche Medicin.
vorzuheben. Nicht zustimmen wird man dem Verf., wenn er S. 119
verlangt, dass der Gesetzgeber bestimmt aussprechen soll, wie
lange er ein Kind für ein neugebornes anseben will. Richtiger ver-
meidet eine Gesetzgebung, z. B. die preussische, den Ausdruck neu-
geboren aufzunehmen, Eine gute Bearbeitung der Lehre von der
Körperverletzung findet sich von S. 130 an. Der Verf. hat neuer-
lich in dem Gerichtesaal 1861, Nr. XII., in einer Abhandlung die
Lehre erörtert. In der vorliegenden neuen Auflage liefert der Verf.
beachtungswürdige Zergliederungen der in den Gesetzbüchern vor-
kommenden Ausdrücke: Arbeitsunfähigkeit S. 136, 137, Krankheit
S. 133, Verstümmelung S. 144. Ueberall ergiebt sich (wir bezie-
hen uns deswegen auf unsere obige Ausführung), dass die Aus-
drücke auf keiner festen Grundlage beruhen, und in einem Gesetz-
buche lieber vermieden werden sollten. Sehr richtig ist es auch,
wenn der Verf. S. 142 bemerkt, dass der Arzt, wenn er über die
Heilbarkeit oder Unheilbarkeit, z. B. einer Geisteszerrüttung, befragt
wird und gewissenhaft ist, nur selten ein die Wahrscheinlichkeit
übersteigendes Gutachten abgeben kann, und wenn er S. 154 die
bedenkliche Lage des gewissenhaften Arztes schildert, der gefragt
wird, ob die eingetretene Verletzung als leicht mögliche Folge der
Misshandlung vorauszusehen war. Im Zusammenhänge damit steht
die z. B. nach badischem Gesetzbuche wichtige Frage, mit welchem
Grade der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der tödtliche
Erfolg bei der Handlung des Thäters vorhergeseben werden konnte.
Der Verf. des gegenwärtigen Aufsatzes hatte als Mitglied der Ge-
seizkommission gegen die Aufnahme einer solchen Vorschrift pro-
tcstirt und mit Beziehung auf badische Praxis im Gerichtssaal 1856,
S. 112 die Nachtheile einer solchen Befragung zu zeigen gesucht;
wir freuen uns zu bemerken, dass auch Hr. Schürmayer S. 200 die
Unbestimmtheit (wir setzen hinzu die Gefahr wegen der Irreleitung
der Gesellwornen) solcher Fragen anerkennt. Bei den Verletzungen
handelt nun der Verf. von S. 163 an von den verschiedenen Wun-
den, z. B. auch gut S. 167 von den Wirkungen der Erschütterungen
und S. 168 mit Beziehung auf neue Erfahrungen von den Schuss-
wunden, wobei man freilich die Benützung mancher neuen wichtigen
Forschungen vermisst, z. B. von Busch, Lehrb. der Chirurgie, I. S. 290.
In der Lehre von der Herstellung des Thatbestaudes der Tödtung
hat der Verf. manche wichtige Verbesserungen gemacht, z. B. S. 193
über Einfluss unterlassener Kunsthülfe, S. 197 über Zwischenursa-
chen, S. 209 über die einzelnen Todesursachen, z. B. Ersticken,
Ertrinken. Gerade bei dieser Lehre bedauert man, dass der Verf.
nicht gründlicher eingegangen ist. Es kann ihm, dem erfahrenen
Arzt, nicht unbekannt sein, wie die auch in den neuern Gesetzbü-
chern, z. B. in Baiern und Baden, zum Grunde gelegten, nach dem
damaligen Standpunkte der Wissenschaft erklärbaren Ansichten durch
neuere Forschungen als ungenügend sich zeigen, und dass Alles
darauf ankömmt, nachzuweisen, ob nach dem regelmässigen natürlichen
Gerichtliche Medicin.
vorzuheben. Nicht zustimmen wird man dem Verf., wenn er S. 119
verlangt, dass der Gesetzgeber bestimmt aussprechen soll, wie
lange er ein Kind für ein neugebornes anseben will. Richtiger ver-
meidet eine Gesetzgebung, z. B. die preussische, den Ausdruck neu-
geboren aufzunehmen, Eine gute Bearbeitung der Lehre von der
Körperverletzung findet sich von S. 130 an. Der Verf. hat neuer-
lich in dem Gerichtesaal 1861, Nr. XII., in einer Abhandlung die
Lehre erörtert. In der vorliegenden neuen Auflage liefert der Verf.
beachtungswürdige Zergliederungen der in den Gesetzbüchern vor-
kommenden Ausdrücke: Arbeitsunfähigkeit S. 136, 137, Krankheit
S. 133, Verstümmelung S. 144. Ueberall ergiebt sich (wir bezie-
hen uns deswegen auf unsere obige Ausführung), dass die Aus-
drücke auf keiner festen Grundlage beruhen, und in einem Gesetz-
buche lieber vermieden werden sollten. Sehr richtig ist es auch,
wenn der Verf. S. 142 bemerkt, dass der Arzt, wenn er über die
Heilbarkeit oder Unheilbarkeit, z. B. einer Geisteszerrüttung, befragt
wird und gewissenhaft ist, nur selten ein die Wahrscheinlichkeit
übersteigendes Gutachten abgeben kann, und wenn er S. 154 die
bedenkliche Lage des gewissenhaften Arztes schildert, der gefragt
wird, ob die eingetretene Verletzung als leicht mögliche Folge der
Misshandlung vorauszusehen war. Im Zusammenhänge damit steht
die z. B. nach badischem Gesetzbuche wichtige Frage, mit welchem
Grade der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der tödtliche
Erfolg bei der Handlung des Thäters vorhergeseben werden konnte.
Der Verf. des gegenwärtigen Aufsatzes hatte als Mitglied der Ge-
seizkommission gegen die Aufnahme einer solchen Vorschrift pro-
tcstirt und mit Beziehung auf badische Praxis im Gerichtssaal 1856,
S. 112 die Nachtheile einer solchen Befragung zu zeigen gesucht;
wir freuen uns zu bemerken, dass auch Hr. Schürmayer S. 200 die
Unbestimmtheit (wir setzen hinzu die Gefahr wegen der Irreleitung
der Gesellwornen) solcher Fragen anerkennt. Bei den Verletzungen
handelt nun der Verf. von S. 163 an von den verschiedenen Wun-
den, z. B. auch gut S. 167 von den Wirkungen der Erschütterungen
und S. 168 mit Beziehung auf neue Erfahrungen von den Schuss-
wunden, wobei man freilich die Benützung mancher neuen wichtigen
Forschungen vermisst, z. B. von Busch, Lehrb. der Chirurgie, I. S. 290.
In der Lehre von der Herstellung des Thatbestaudes der Tödtung
hat der Verf. manche wichtige Verbesserungen gemacht, z. B. S. 193
über Einfluss unterlassener Kunsthülfe, S. 197 über Zwischenursa-
chen, S. 209 über die einzelnen Todesursachen, z. B. Ersticken,
Ertrinken. Gerade bei dieser Lehre bedauert man, dass der Verf.
nicht gründlicher eingegangen ist. Es kann ihm, dem erfahrenen
Arzt, nicht unbekannt sein, wie die auch in den neuern Gesetzbü-
chern, z. B. in Baiern und Baden, zum Grunde gelegten, nach dem
damaligen Standpunkte der Wissenschaft erklärbaren Ansichten durch
neuere Forschungen als ungenügend sich zeigen, und dass Alles
darauf ankömmt, nachzuweisen, ob nach dem regelmässigen natürlichen