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Rückert: Deutsche Geschichte.

Regierenden. Er traute mit Recht der deutschen Polizei weder
die Spürkraft, noch den guten Willen zu, den er an seinen Schergen
erprobt batte. Die Vasallen und ihre Beamten wurden nur dazu
gebraucht, um jede ihm missliebige oder gefährliche Entdeckung zu
verfolgen und zu bestrafen. Aber auch solche Büttel- und Heukerdienste
vertraute er ihnen nicht einmal immer an. Wo es ihm um unbedingte
Raschheit, Sicherheit und Schonungslosigkeit zu thun war, übernahm
er selbst durch den Arm seiner überall zerstreuten Militärbefehlshaber
diese Aemter und übte sie so, wie sie Deutsche allerdings auch bei
der hündischsten Liebedienerei nie zu üben verstanden hätten. Die
Hinrichtung des Buchhändlers Palm aus der baierischen Stadt Nürn-
berg, die Fortschleppung des Volksschriftstellers Rudolph Zacharias
Becker aus Gotha sind nur einige dieser Fälle, die wegen der Per-
sönlichkeit der davon Betroffenen eine gewisse Berühmtheit erlangt
haben. Die andern zahlreichen Opfer sind von der Gutmüthigkeit
unseres Volkes schneller vergessen worden, als es die Ehre und die
Klugheit erlaubt. Denn, wenn auch solche Mord- und Gewaltthaten
gewöhnlich mit dem möglichst geringen Lärmen vollbracht wurden,
und auch hierin die französischen Schergen eine bewundernswerthe
Schlauheit bethätigten, so konnte es doch nicht fehlen, dass man allmälig
die Wahrheit ahnte und sie später sehr leicht zur Gewissheit hätte
erheben können, wenn man nicht zu indolent oder zu grossmüthig
dazu gewesen wäre. Dass der schriftliche Verkehr und die gesammte
Literatur mit einer argwöhnischen und drückenden Härte ohne Glei-
chen überwacht wurde, verstand sich von selbst. Auch hierin leistete
die Polizei der Rheinbundstaaten oder, wenn sie nicht ausreichte,
die unmittelbaren Schergen Napoleons fast dasselbe, was ihm in
Frankreich selbst gelungen war, wo Niemand ein ihm missfälliges
Wort der Feder oder der Druckerpresse anzuvertrauen wagte.
Aber auch da, wo die Staatsverwaltung und Gerichtspflege nicht
unmittelbar als Werkzeug seiner Gewaltherrschaft diente, machte
sich sein Einfluss auf sie für die Zwecke der Zukunft geltend. Er
sah diese Rheinbundsfürsten, so wie den ganzen Rheinbund, nur als
einen vorübergehenden Zustand an, welcher die dereinstige wirkliche
Einverleibung in Frankreich vorbereiten sollte. Fürsten und Staaten
waren nur dazu da, das deutsche Volk seiner Nationalität zu ent-
kleiden und wurden nur geduldet, weil sie es einstweilen bequemer
und wohlfeiler thun konnten, als er selbst. Darum drang er überall
auf möglichste Annäherung an die Einrichtungen, die er dem eigent-
lichen Kaiserreiche gegeben hatte“ u. s. w.
(Schlust folgt.)
 
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