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Gruppe: Minos.

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gesteckten Gränzen bei weitem überschreitet, wenn jede einzelne hier be-
handelte Stelle eben so von der entgegengesetzten Seite behandelt werden
sollte. Eine solche Behandlung würde leicht dann selbst zu einem eigenen,
umfangreichen Werke anschwellen. Wir beschränken uns daher in dieser An-
zeige — denn etwas weiteres zu geben wird nicht beabsichtigt — darauf, in
der Kürze den Inhalt der umfassenden, über fast alle römischen Dichter, zu-
mal die viel gelesenen, sich erstreckenden Untersuchung anzugeben, die im-
merhin anregend und einladend zu weiterer Prüfung und Forschung der all-
gemeinen Aufmerksamkeit und Beachtung empfohlen werden kann. Dabei ist
die äussere Ausstattung in Druck und Papier eine vorzügliche, die uns selbst
da gerne bei der Lectüre verweilen lässt, wo wir den vorgebrachten Behaup-
tungen nicht zu folgen oder beizustimmen vermögen.
Das erste Buch hat in neun einzelnen Abschnitten einzelne Stellen aus
Tibullus, Catullus, Manilius, insbesondere aus Virgilius (aus der Aeneide wie
aus den Georgicis) zum Gegenstände, in so weit diese als Fälschungen oder
fremdartige Einschiebsel aus dem Texte entfernt werden sollen. In noch weit
höherem Grade ist diess der Fall im zweiten Buch, das in dreissig einzelnen
Abschnitten eben so viele Stellen oder Strophen oder ganze Gedichte aus der
Odensammlung des Horatius, unter Anschluss an die gleichartigen Versuche
von Peerlkamp, Meineke u. A., und unter weiterer Fortführung und Ausdeh-
nung derselben behandelt. So wird z. B. mit Peerlkamp die Ode III, 8, eben
so II, 15, dem Horatius ganz abgesprochen, wegen des leeren und matten In-
halts und der zu Tage liegenden Nachahmung; eben so das Gedicht II, 11,
welches jedoch „eine von einer recht geschickten Hand, jedenfalls von einem
genauen Kenner Horazischer Kunst“ gefertigte Ode genannt wird. Dass bei
einem solchen Verfahren äussere Zeugnisse des Alterthums, wie z. B. das des
Diomedes aus dem fünften Jahrhundert, keine Geltung erhalten (vgl. S. 74),
bedarf wohl kaum einer besondern Erwähnung. Diesen Ausscheidungen gan-
zer und vollständiger Gedichte reihen sich an die Verkürzungen oder vielmehr
Verstümmelungen, wie wir es lieber nennen möchten, welche manche der
schönsten Oden erleiden, wie z. B. II, 6, wo die dritte und fünfte Strophe
wegfallen u. s. w. Das dritte Buch spricht sich über die verschiedenen Kri-
tiker der Horazischen Gedichte und deren Anschauungen wie Behandlung des
Textes aus (Joseph Scaliger, Fr. Guyet, Rich. Bentley, J. Harduin, Jer. Mark-
land u. L. C. Valcckenaer, Lessing, Heine, Wolf, Näke, Buttmann). Das vierte
Buch wendet sich wieder dem Virgilius zu, und den verschiedentlich in des-
sen Gedichten, wie der Verf. annimmt, vorkommenden fremdartigen Einschieb-
seln, wie z. B. die zwei und zwanzig Verse Aen. II, 567—588, oder die ver-
suchten Ausfüllungen von Halbversen.
Das fünfte und sechste Buch haben wieder die angeblichen Fälschungen
und Einschiebsel in den Gedichten des Horatius zum Gegenstände, in den
Episteln und Satiren wie in den Epoden und (im sechsten Buche) in den
Oden, während das siebente Buch die Frage über die Durchgängigkeit der
vierzeiligen Strophe in den Oden wieder aufnimmt und in der Weise zu lösen
sucht, dass da, wo die Ode nur aus Einer Versart besteht und jede Verszeile
der andern gleichlautet, die vierzeilige Strophe als gerechfertigt erscheint
(8.358); es reiht sich daran noch Anderes über alternirende Verse in den Oden,
 
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