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Hü ff er: Beiträge zum Kirchenrecht.

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auf die von Gratian in so weitem Umfange benutzte Schrift d e
misericordia et justitia aufmerksam gemacht. Hüffer hat
nunmehr in einer Handschrift der kaiserlichen Bibliothek zu Paris
auch einen über sententiarum eines Magister A. aufgefunden,
als welcher sich mit grosser Wahrscheinlichkeit Algerus von Lüttich
herausstellte. Gratian scheint aus diesem Werke grossentheils
seinen Stoff geschöpft zu haben. In der vorliegenden Schrift wer-
den das Leben und die Schriften des Algerus einer eingehenderen
Untersuchung unterworfen (S. 1—66).
Dieselbe Pariser Handschrift (ms. lat. 3881), welche den über
sententiarum enthält, enthält auch eine andere, gleichfalls noch
wenig bekannte, kirchenrechtliche Sammlung, den Polykarpus.
Dei’ Pariser Catalog setzt diese Handschrift in das 13. Jahrhundert;
nach Eigenthümlichkeiten der Schrift gehört sie aber spätestens in
den Anfang des 13., eher in die Mitte oder die letzte Hälfte des
12. Jahrhunderts (s. Vorrede p. IX.)
Plüffer beschreibt (S. 74ff.) noch mehrere Handschriften des
Polykarpus, und wie derselbe später im Archiv für katholi-
sches Kirchenrecht Bd. 9 (N. F. Bd. 3.) S. 331 mittheilte,
sind auch noch zwei weitere Handschriften des Polykarpus in
Deutschland vorhanden; die eine in Wolfenbüttel, die andere in
Darmstadt. Letztere, welcher jedoch das achte Buch zu fehlen
scheint, wird schon in dem Cataloge Elartzhein’s p. 80 als Be-
standtheil der Kölner Kapitelsbibliothek erwähnt (vgl. auch P e r t z’
Archiv. 8. S. 621.).
Polykarpus bezeichnet für die Benutzung des römischen
Rechtes im Mittelalter einen nicht unwichtigen Abschnitt der litera-
rischen Entwickelung, und besonders seine den römischen Rechts-
quellen, vorzüglich die der Digesten, entnommenen Bestandtheile,
welche Hüffer mittheilt, sind von grossem Interesse.
Hüffer s Beiträge fügen zugleich eine Reihe literarischer
Nachweisungen und mancherlei Einzelnheiten in übersichtlicher
Ordnung hinzu, welche zu Savigny’s Geschichte des römischen
Rechts im Mittelalter dankenswerthe Nachträge und Ergänzungen
liefern (S. 67—104).
Der dritte Beitrag Hüffer s betrifft eine noch ungedruckte
Dekretale Alexanders II. über die Berechnung der Verwandt-
schaftsgrade (S. 117—121), die für die Geschichte des Eherechts
nicht ohne Bedeutung ist.
Endlich eine vierte Abhandlung (8. 122—148) sucht zunächst
das richtige Verhältniss einer vor Kurzem bekannt geworden merk-
würdigen Dekretale Eugens III. zum Gratianischen Dekrete
und der älteren Sammlungen des Anselm von Lucca und zum Poly-
karpus festzustellen, und gibt namentlich auch über den Werthund
die Zweckmässigkeit der Hülfsmittel Auskunft, welche uns den In-
halt der zum grösseren Theil noch ungedruckten kirchenrechtlichen
Sammlungen vor Gratian, leider nur mangelhaft, erkennen lassen,
 
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