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Strack, Friedrich [Editor]; Becker-Cantarino, Barbara [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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III: Ästhetische Positionen
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Becker-Cantarino: Mythos und Symbolik bei Karoline von Günderrode und Friedrich Creuzer
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0306

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Mythos und Symbolik bei Karoline von Günderrode und Friedrich Creuzer 287

wie Savigny, Daum, die Professoren Chr. Daniel Wyttenbach, Kayser, Schwarz,
Görres und viele andere. Er verkehrte mit den jüngeren Romantikern: Cle-
mens und Sophie (Mereau) Brentano, Arnim (der aber nur einige Wochen dort
verbrachte) und zeitweise Tieck, die alle Heidelberg besuchten.

Bedeuteten die wissenschaftliche Karriere und Reputation alles für Creuzer,
so war das (Familien)Leben eher marginal. Er schrieb in seiner Autobiographie
Aus dem Leben eines alten Professors (1848): „Bei der Fortdauer unsrer Privat-
anstalt wurde sogar an den Ehestand gedacht. Ich heirathete im folgenden Jahre
[1799] Sophie Leske, geborne Müller aus Leipzig, Tochter des dortigen Buch-
händlers und Witwe des in Marburg verstorbenen Nathaniel Gottfried Leske,
Professors der Naturgeschichte."30 Creuzer war damals Privatlehrer in der Fa-
milie Leske; mit der Heirat der 13 Jahre älteren Sophie Leske (1758-1831) gewann
der oft kränkelnde Creuzer eine treue Versorgung für seine täglichen Bedürf-
nisse und Stütze für seine wissenschaftliche Karriere, sowie die Nähe zu einem
Verlag für seine Publikationen. Creuzer selbst erwähnte die Affäre mit Karoline
von Günderrode vom August 1804 bis zu deren Selbstmord im Juli 1806 später
mit keinem Wort, überging sie in seiner Autobiographie. Günderrode wurde
totgeschwiegen: die Briefe und (später publizierten) Briefwechsel aller seiner
Freunde wurden von Hinweisen auf die Affäre gesäubert, besonders Savignys.
Dieser wie auch Daub und Leonhard Creuzer als wichtige Berater Creuzers
rieten ihm von einer Scheidung und neuen Verbindung mit Günderrode ernst-
haft ab und hielten ihn in der entscheidenden Phase davon ab; Creuzer hätte
im Fall einer Scheidung nicht die Mittel für den Unterhalt Sophies gehabt.
Die offizielle Version der Creuzer-Günderrode Affäre hat Creuzers Biograph
Stark 1874 dann so formuliert: „Creuzer hatte im schweren inneren Kampf im
Frühjahr 1806 den gefährlichen Irrweg einer Lösung der langbestehenden Fa-
milienbande unter der Übermacht einer romantischen Liebe zu der Stiftsdame
Karoline von Günderrode glücklich am entscheidenden Wendepunkt abgewie-
sen. Dem tragischen Ereignis ihres [Günderrodes] freiwilligen Todes war die
innere Umkehr Creuzers vorausgegangen."31

Nur ein Jahr vor seiner Bekanntschaft mit Günderrode war Creuzer 1803
mit seiner ersten wichtigen altphilologischen Veröffentlichung hervorgetreten:
Die historische Kunst der Griechen in ihrer Entstehung und Fortbildung, in der
er mit Herodot zu erklären versuchte „wie die Historie unter den Griechen
entstand, und was sie in ihrer besten Zeit war."32 Er sah hier schon den Ur-
sprung der mythischen und literarischen Texte in der Religion. Creuzer ging
davon aus, dass „ein Priester, Schamane, Seher, ward Mittler zwischen der
unbegränzten Macht, die man Gottheit nannte, und der beschränkten Mensch-
heit."33 Dieser war „überwältigendem Naturgefühle hingegeben", musste in

30 Creuzer 1848,27.

31 Stark 1874,14.

32 Creuzer 1803, Vorrede v.

33 Creuzer 1803,3.
 
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