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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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IV: Poetologische und ideologische Streitschriften
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Bergengruen, Maximimian: Schelmuffsky trifft Soemmering. Brentanos und Görres'Bogs als teuflische Parodie
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0388

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Schelmuffsky trifft Soemmerring
Brentanos und Görres' Bogs als teuflische Parodie

MAXIMILIAN BERGENGRUEN

Einleitung

Gegenstand meiner Untersuchung ist Joseph Görres' und Clemens Brentanos
Bogs aus dem Jahre 1807.1 Mich interessiert an diesem Text das Zusammenspiel
zweier seiner auf den ersten Blick vollkommen unterschiedlichen Agenten:
nämlich einerseits der Physiologen Dr. Sphex, Dr. Schnauznas und Dr. Galma-
liel, die Bogs' Gehirn untersuchen, und andererseits der Figuren aus Christian
Reuters spätbarockem Roman Schelmuffsky (1697), auf die die Mediziner wäh-
rend ihrer Vivisektionen in Bogs' Gehirn stoßen. Abstrahiert man von den
Figuren auf die wissens- und literarhistorischen Hintergründe der Geschichte,
dann ist es mir um die Konfrontation zweier unterschiedlicher, intertextuell
zu verstehender Ebenen der Erzählung zu tun: die reiche Bilder- und Vorstel-
lungswelt eines Lügenromans aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert und die
zeitgenössische, also ziemlich genau 100 Jahre jüngere, und ungleich nüchter-
nere Gehirnphysiologie eines Samuel Thomas Soemmerring und seiner Nach-
folger. Ich möchte zeigen, dass in Brentanos und Görres' Bogs ein Tertium
Comparationis dieser auf den ersten Blick unvereinbar scheinenden Figuren-
und Text-Ebenen angeboten wird: der Teufel mit seinen fantastisch-komischen
Fähigkeiten zur Parodie.

Schelmuffsky zu Gast bei Brentano und Görres

Ich lasse kurz die Handlung von Görres' und Brentanos Satire Revue passieren:
Der Uhrmacher Bogs bittet um Aufnahme in die, ihm durch ein Plakat bekannt
gemachte, wohllöbliche Schützengesellschaft; diese hat Bedenken und knüpft
die Aufnahme an eine „Bedingung": Bogs soll ein Konzert besuchen und dabei
beweisen, dass er, dessen „Tollheiten über Musik" der Schützengesellschaft
anscheinend schon zu Ohren gekommen sind, währenddessen nicht „zu sehr
hingerissen worden"2 ist.3

1 Brentano/Görres (anon.) 1807.

2 Ebd., 15.

3 Zu den hier ausgeklammerten musiktheoretischen Bezügen im Bogs, vgl. Lubkoll 1995, i63ff.
 
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