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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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III: Ästhetische Positionen
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Koczisky, Eva: "Χαλεπά τά καλά" Das Konezpt und die Rolle des Orients
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0318

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„XocXettoc toc kocXöc"

Das Konzept und die Rolle des Orients
in Creuzers Werk im Vergleich zu Görres

EVA KOCZISZKY

Als Motto unserer Darstellung der Creuzerschen Altertumswissenschaft könn-
ten Walter Benjamins Worte dienen: „Allegorien sind im Reiche der Gedanken
was Ruinen im Reiche der Dinge."1 Es ist überliefert, dass die mächtigen Rui-
nen des Heidelberger Schlosses Creuzer wie später auch Benjamin zutiefst
beeindruckt haben: Der gewaltige Blick der Ruine hat ihn mit der Kleinheit
neudeutscher Gegenwart konfrontiert,2 und er hätte mit Benjamin sagen kön-
nen, dass die vorüberziehenden Wolken in ihren offenen Fenstern von der
„Ewigkeit dieser Trümmer" erzählen.3 Die Verfallenheit der Ruine öffnet das
Auge für die Tiefenstrukturen der Geschichte.4 In solche Tiefenstrukturen
alter Kulturen wollte der Heidelberger Professor mit seiner Symbolik hinabrei-
chen. Den Wunsch nach Ergänzung, Deutung der Überlieferung, den Wunsch
nach allegorischer Aneignung der selbst gewählten Vergangenheit teilt Creu-
zers Philologie mit der Zielsetzung romantischer Altertumskunde überhaupt.
Der Allegoriker, dem man immer wieder vorwarf, dass in ihm der Romanti-
ker lediglich als „eine zweite Seele" innewohnte,5 wusste aber zugleich, dass
seine deutenden Allegorien selbst nichts anderes werden könnten, als Frag-
mente der Fragmente. Dieser frühromantische Zug seiner Hermeneutik wurde
in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zunehmend als unzeitgemäß
empfunden, wenngleich er in Heidelberg vielleicht nie akzeptiert war und zur
Isolation Creuzers beitrug. Ist es folglich berechtigt, Creuzers Werk zur Hei-
delberger Romantik zu zählen? Oder gehört er mehr zum 18. Jahrhundert, wie
man seit Ernst Howalds Darstellung immer wieder behauptet?6

Mit der Fokussierung auf die Ruinen östlicher Vergangenheit, wie sie in
ihren markanten Unterschieden bei den Heidelberger Mythologen methodo-

1 Benjamin 1978,156.

2 Creuzers Brief an Clemens Brentano (17. April 1804), zitiert nach Strack 1987,252.

3 Benjamin 1972, IV,i: 123.

4 Emden 2002,67.

5 Unter anderem Alfred Baeumler. Siehe: Baeumler 1956, CV.

6 Howald 1926,10: „Vielmehr ist alles an ihm Aufklärungsgut."
 
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