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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

DOI Heft:
V: Wissenschaften und Künste
DOI Artikel:
Krüger, Enno: Die 'altdeutsche' Bildersammlung der Boisserées
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0536

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Die altdeutsche* Bildersammlung der Boisserees

ENNO KRÜGER

Es war Friedrich Schlegel (1772-1829), der 1805 im ,Dritten Nachtrag alter Ge-
mälde' meinte, man könnte „wohl nicht eher neue Hoffnungen für die Kunst in
Deutschland hegen, als bis ein kunstliebender und deutsch gesinnter Fürst alle
noch vorhandenen, zum Teil aber schon sehr zerstreuten Denkmale des deut-
schen Kunstgeistes so viel als möglich in eine Sammlung altdeutscher Gemälde
zu vereinigen suchen wird".1

Diese Hoffnung sah Schlegel 1823 in der Sammlung Boisseree verwirklicht:
„Aber nicht bloß durch den Reichtum an den seltensten Meisterwerken man-
nichfacher Art, sondern eben so sehr auch durch die geschichtliche Ordnung
und Vollständigkeit, durch den richtigen Sinn und künstlerischen Verstand,
mit welchem dieses meisterhafte Kunst-Ganze altdeutscher Art zusammenge-
bracht worden, verdient es als ein Vorbild für alle ähnlichen Unternehmungen
betrachtet zu werden [...]"2

Was sich Schlegel drei Jahre nach dem Reichsdeputationshauptschluss nur
als Stiftung eines Monarchen vorstellen konnte, gelang als bürgerliche Privat-
initiative. Es dürfte die bekannteste bürgerliche Kunstsammlung im deutsch-
sprachigen Raum am Ende der Befreiungskriege gewesen sein, die der gebürti-
ge Kölner Sulpiz Boisseree (1783-1854) zusammen mit seinem jüngeren Bruder
Melchior (1786-1851) und dem gemeinsamen Freund Johann Baptist Bertram
(1776-1841) angelegt hat.3

Auf Bertrams Vorschlag hielten sich die Freunde 1803/04 in Paris auf, um
sich von Schlegel durch literaturhistorische und philosophische Privatvorle-
sungen in wissenschaftliches Denken einführen zu lassen. So wenig Schlegels
Bedeutung für den Bildungsweg der Boisserees und Bertrams bezweifelt -
und übrigens auch die Wirkung der Freunde etwa auf Schlegels Kenntnis der
mittelalterlichen Architektur geleugnet - werden kann, so wird dennoch sein
geistiger Einfluss auf die Konzeption der Sammlung in Maßen überschätzt,

1 Schlegel 1805,120.

2 Schlegel 1823, i2of. (F. Schlegels Anmerkungen für die Zweitfassung des £wro/)a-Aufsatzes in
der Werkausgabe von 1823 sind für seine Rezeption der Sammlung Boisseree von Belang).

3 Grundlegend: Firmenich-Richartz 1916. Das Werk ist bis heute die einzige alle sammlungsge-
schichtliche Stationen umfassende Gesamtdarstellung; in einzelnen Zügen noch nicht über-
holt, zumal der Autor wiederholt aus unveröffentlichten Briefen zitiert.
 
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