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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

DOI Heft:
V: Wissenschaften und Künste
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Jamme, Christoph: "Göttersymbole"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0506

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„Göttersymbole"

Friedrich Creuzer als Mythologe
und seine philosophische Wirkung

CHRISTOPH JAMME
I.

„Nach der Wiederbegründung der Universität Heidelberg im Jahr 1803 war
Georg Friedrich Creuzer als Professor der klassischen Philologie (1804-1845)
eine Schlüsselfigur der romantischen Bewegung mit Ausstrahlung weit über
den Bereich der Altertumswissenschaft hinaus. Seit 1810 hielt er regelmäßig
alle zwei Jahre Vorlesungen über Archäologie, in denen er die gesamte grie-
chische Kunst systematisch behandelte. Seine eigene Sammlung sowie eine
von Seminaristen gestiftete Kollektion von Münzen, Gemmen und Abgüssen,
das ,Antiquarium Creuzerianum', bildete später den Grundstock der archäo-
logischen Universitätssammlung" - so erinnert gegenwärtig das Seminar für
klassische Archäologie Heidelberg im Internet seine Geschichte. Was wir sonst
heute noch über Creuzer wissen, ist seine Freundschaft mit Goethe und Cle-
mens Brentano und dass er eine Liaison mit Karoline von Günderrode hatte,
die sich das Leben nahm, nachdem er die Beziehung plötzlich beendet hatte.

Sein Hauptwerk Symbolik und Mythologie der alten Völker (1810-12) ver-
sammelte in einer Zeit beginnender Spezialisierung der Disziplinen noch ein
letztes Mal das Wissen um die Mythologie und die religiösen Vorstellungen
frühzeitlicher Kulturen. Die hier noch einmal beschworene Einheit von Mytho-
logie und Religionsgeschichte zerbrach schnell - nach Creuzers Tod bildeten
sich dann die Altphilologie, die Althistorie und die Archäologie aus und gingen
von nun an getrennte Wege. Die Mythologen bekamen an unseren Universi-
täten keinen Lehrstuhl mehr (obschon die Mythologie Voraussetzung war für
Homer wie für die antike Plastik und den griechischen Tempel). Die Mytho-
logie hat es schwer gehabt, sie hat - wie Levi-Strauss gesagt hat - am meisten
gelitten1.

1 Levi-Strauss 1977, 227. - Ähnlich auch Detienne 1984, 20: „Die von der Religion sorgfältig
geschiedene Mythologie mußte [... ] auf niedere Rassen abgeschoben und den Naturvölkern
zugeschrieben werden. Als vergessene Ursprungssprache, Gestalt des Irrsinns und der Wild-
heit, konnte die Mythologie jetzt nur als Überbleibsel gedacht werden: als exkrementelle Rede
und bloßer Deutung überlassener Rest."
 
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