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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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V: Wissenschaften und Künste
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Jamme, Christoph: "Göttersymbole"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0507

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488

Christoph Jamme

Die wesentliche These der Symbolik ist, dass die Mythen aus den Symbolen,
d. h. von gewissen Urbildern abgeleitet werden können. Damit greift Friedrich
Creuzer den Plotinisch-Proklischen Mythos-Begriff in der Neuzeit wieder auf,
der durch seine Vermittlung in die Entmythologisierungsdiskussion der Ge-
genwart eingeht. 1909 wurde er von C. G. Jung in der Phase der Ausbildung von
dessen Mythopsychologie gelesen. Auch in der Tradition der deutschen Ethno-
logie - von Bachofen über Fresenius bis hin zu Jensen - hat seine Konzeption
einer symbolischen „Naturreligion" deutliche Spuren hinterlassen.2 Noch 1959
wurde er von Walther F. Otto ausdrücklich anerkannt: „In dem durch Creuzers
Symbolik entfesselten Streit hat die echte Mythenforschung den Todesstoß
empfangen und sollte bis in unsere Tage nicht wieder erweckt werden."3

Den spezifischen Ansatz von Creuzer erhellt ein Aufsatz, den er 1808 in
den Heidelberger Jahrbüchern veröffentlichte.4 Dieser Ansatz lässt sich auf
drei Thesen bringen: die griechische Kultur ist auf den Mythos gegründet;
diese Mythen müssen mit den indischen zusammengesehen werden;5 man
muss sie mit Hilfe der neuplatonischen Philosophie symbolisch auslegen.6
Creuzers Ausgangsfrage gilt dem Verhältnis von Philologie und Mythik. Da
„die Poesie, Philosophie und Historie der classischen Völker,nebst ih-
rer ganzen Bildnerey, auf mythischem Boden erblühet waren"7, erhebt sich
die Frage: „Wie ward jener Verein der Philologie und Mythik geknüpft, und wie
verhielt sich in dieser Verbindung Eine zu der Anderen?" die „den Geist und
das Wesen der Philologie selbst" treffe.8 Es geht Creuzer um eine Bilanz der
bisherigen klasssischen Philologie angesichts der Neuentdeckung der „Litera-
tur Indiens", von der gleich im ersten Satz die Rede ist.9 Vor Homer gab es eine
,,orphisch[e] Religion"10 in Vorderasien ,wo „der ewige Naturgeist"11 herrschte
und Priester als Erzieher wirkten (z.B. in Ägypten und im Orient). Mit Homer
gerät diese vorderasiatische Religiosität in Vergessenheit, „die Ungenügsam-
keit ältester Göttersymbolik wird gefügt unter Griechisches Maaß."12 Es ist

2 Kramer 1977,27.

3 Otto 1993,8.

4 Creuzer 1808,3-24. Vgl, dazu auch Ziolkowski, in diesem Band, S. 47iff.

5 Creuzer stützt sich neben Friedrich Schlegel als Hauptquelle für die eben erst erschlossene
Literatur der alten Inder auf das sehr unzuverlässige Buch von Mme. M.E. de Polier: Mytho-
logie des Indous. Roudolstadt Paris 1809. - In dieser Hochschätzung des Orients ist auch der
Einfluß von Görres zu spüren; vgl. dazu Kocziszky, in diesem Band, S. 299fr".

6 Schon 1805 handelte er in den mit Daub herausgegebenen Studien über Plotin; vgl. dazu
Vieillard-Baron 1987,505-514.

7 Creuzer 1808,3.

8 Ebd., 4.

9 Ebd., 3.

10 Ebd., 8. Diese orphische Vorzeit hat, wie Frank (1982,93) zu Recht feststellt, Friedrich Schlegel
entdeckt.

11 Ebd., 7.

12 Ebd., 6.
 
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