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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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III: Ästhetische Positionen
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Koczisky, Eva: "Χαλεπά τά καλά" Das Konezpt und die Rolle des Orients
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0319

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Eva Kocziszky

logisch und historisch erfasst werden, will die vorliegende Studie eine neue
Perspektive auf Creuzers und Görres' Werk eröffnen. Wegen der Verquickung
der Mythologie mit der Religionsgeschichte wurde bisher auch die Symbolik
nicht anders gelesen als eine imaginäre Reise nach dem Orient, die durch die
„Sehnsucht nach der Kenntnis der Ursprünge", nach einer mythischen Urzeit,
motiviert war.7 So wurde der Orient der Heidelberger Romantiker und Wissen-
schaftler mit der Heimat der Religion ohne weiteres gleichgesetzt. Man führte
Novalis an: „Religion ist der große Orient in uns"8, oder Friedrich Schlegel,
der in seiner viel zitierten Rede über Mythologie feststellte, dass im Orient „das
höchst Romantische" erkannt werde.9 Angesichts solcher Verallgemeinerun-
gen wollen wir den Orientbegriff der einzelnen Autoren ausdifferenzieren und
auf den Zusammenhang von Mythentheorie bzw. Semiologie und Orientbild in
Creuzers Symbolik hinweisen. Wir fragen also nach der kulturgeographischen
Verortung, sowie nach den Grenzen jenes Orients, dessen historische Tiefen-
dimensionen die beiden Professoren (der Altertumswissenschaftler und der
Theosoph) freilegen wollten. Dadurch wird Creuzers Werk zugleich von den
Ansichten seiner Heidelberger Freunde, insbesondere denen von Görres, weit
mehr als üblich getrennt.

Die Schwierigkeit des Schönen

Das Zitat „aber das Schöne ist schwer [...]", oder erläuternd: „das Verstehen
des Schönen ist schwierig" gibt Solons zum Sprichwort gewordenes Diktum
wieder, auf das Piaton in seinen Dialogen sogar zweimal Bezug nahm (Krat.
384a und Hip. M. 304c). Creuzer hat diesen Spruch aus Piatons Dialog Hippias
Major übernommen,10 an dessen Ende Sokrates seine Unwissenheit in der Sa-
che des Schönen behauptet. Creuzer weist aber mit seinem Zitat eher auf die
Zwiespältigkeit der hellenischen Kultur hin: Er stellt fest, die Griechen hätten
zwar in der Plastik ihrer klassischen Periode den höchsten Grad der Schön-
heit erreicht, sie hätten aber zur gleichen Zeit auf den alten Ernst der Kunst
verzichten müssen. Sein kunsthistorisches Beispiel ist die Statue der Artemis
zu Ephesos, die von Pokocke's Reisebericht11 an bis zu Jean Pauls Fragment12
und sicherlich auch darüber hinaus symbolisch für Asien stand. Allein an der
Rezeption dieser Statue könnte man die unterschiedlichen Begegnungen mit
dem Orient um 1800 ablesen. Pokocke betrachtete die Symbolgestalt Asiens
noch in enger Verwandtschaft mit dem Okzident: Sie wird als die Schwester

7 Rehm 1952,306.

8 Rehm 1952,305.

9 Schlegel F 1967H., 2: 320.

10 Creuzer 1834fr"., I: 266.

11 Pokocke 1771.

12 Gesichte einer Griechischen Mutter, Ein Traum in den letzten Tagen des Juli-Monat. Zitiert nach:
Jean Paul 1978, II/3: 995. Jean Paul nennt die Diana von Ephesos die Todesgöttin Kleinasiens
und hebt ihre orientalische Signatur hervor.
 
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