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Heidelberger Volksblatt (7) — 1874

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Nr. 26 - Nr. 34 (1. April - 29. April)
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Nr. 30.

Mittwoch, den 15. April 1874.

eidelberg er Volksblatt.

7. Jahrg.

Erſcheint Mittwoch und Samſtag. Preis monatlich 12 kr. Sinzelne Nummer à L kr. Man abonnirt beim Verleger, Schiffgaſſe 4
und bei den Traͤgern. Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Der Mulatte.
Novelle von C. Brunn⸗Gabris.

(Fortſetzung).

„Feige, wie all' Seinesgleichen“, ſagte der Graf.
„Sie werden mich jederzeit bereit finden“, entgeg-
nete Fenno kalt, „Ihnen mit den Waffen in der Hand
den Beweis zu geben, daß ich nicht feige bin.“
„Pah! Ich ſchlage mich nicht mit einem Mulatten!“
rief der Graf verächtlich.
Der Eintritt des Profeſſors unterbrach die weiteren
Verhandlungen. Es herrſchte eine eigenthümliche Stim-
mung unter den Verſamme ten; ſo ſchroff und beleidi-
gend war doch noch Niemand dem Mulatten entgegen
getreten, es gab ſogar einige unter den Anweſenden,
die im Stillen deſſen Partei nahmen und dem Grafen
Vorwürfe muachten.

intereſſanten Vortrages kehrten ſeine Blicke immer wie-
der auf daſſelbe zurück. Halb gedankenlos entwarf er
eine Skizze deſſelben mit flüchtigen Bleiſtift⸗Strichen in
ſeinem Heft. Als er dies gewahr wurde, betrachtete er
die Linien des Kopfes mit erneutem Intereſſe und ſchüt-
telte wie über ſich ſelbſt verwundert den Kopf, dann
haſtig das Blatt umſchlagend. Er hörte nun einige
Zeit aufmerkſam dem Profeſſor zu, um dann abermals
den Mulatten zu betrachten, deſſen edle Schönheit ihn
unwiderſtehlich anzog. Fenno hatte längſt bemerkt, daß
ihn der Graf fortwährend anſtarrte und in der Mei-
nung, dies ſei ein neuer Verſuch, ihn zu beleidigen es
ignorirt. Jetzt wandte er ſich zufällig um, ihre Blicke
begegneten ſich; in dem Fenno's lag der frühere ſtolze
Ernſt, in dem des Andern ein ruhiges Prüfen, das
wohl eine unbefangene Sicherheit, aber keine Unver-
ſchämtheit ausdrückte. Wieder wurzelten ihre Blicke
einige Sekunden in einander, bis der Graf den ſeinen
ab und dem Profeſſor zuwandte. Nachdem dieſer ge-
endet, erwartete man mit Spannung die Fortſetzung der
begonnenen Reiberei, doch ſchien Falkenburg keine Luſt
dazu und Horſt bereits Alles vergeſſen zu haben. Erſt
als Letzterer ſich allein in ſeiner Wohnung befand, ſchien
ſich eine Nachwirkung des Geſchehenen geltend zu ma-
chen, wenigſtens ſpiegelte ſich die Empfindung des Un-
muths auf ſeinem Antlitz ab. ö ö
Tage und Wochen vergingen, ohne daß irgend et-

Elſinore.
Dieſer hatte ſeinen Platz ſo, daß er Fenno's ihm“
zugewandtes Profil genau ſehen konnte, und trotz des
Bruder Ludwigs vor.
ſogleich ein Geſpräch mit Elſinore anzuknüpfen, ohne

was dem jungen Mann unangenehm in den Weg ge-

treten wäre, außer den kleinen Bosheiten Elſinore's,

die er ſtumm und gefaßt über ſich ergehen lies. Es
war unverkennbar, daß der Graf Falkenburg ihm oft
und mit ſtets erhöhtem Intereſſe ſeine Blicke zuwandte;
er ging auf kein Geſpräch mit dem Mulatten ein, und
man glaubte es ſei ihm widerwärtig, auch nur von dem-
ſelben reden zu hören. ö
Einige Wochen nach Graf Falkenburg's Ankunft wa-
ren verfloſſen, als die elegante Equipage deſſelben vor
dem Walden'ſchen Hauſe hielt. Der Diener nahm dies-
mal ſeinen Weg in die vorderen Zimmer und fragte,
ob der Graf Herrn Walden ſeine Aufmerkſamkeit ma-
chen dürfe. Herr Walden, der mit ſeiner Tochter in
dem Zimmer, das ſie nach amerikaniſcher Sitte ihr
„Partous“ nannten, ſaß, antwortete: er werde ſich freuen,

die Ehre zu haben.

„Ich denke, Graf Falkenburg iſt abgereiſt“, ſagte
„Ich dachte es auch“, antwortete ihr Vater.
Bei der Begrüßung ſtellte ſich der Graf als den
In gewandter Weiſe wußte er

doch Herrn Walden zu vernachläſſigen.
Nach kurzer Zeit trat Fenno ein. Er ſchien zu zö-
gern, als er den Grafen bemerkte, während dieſer ei-
nen erfreuten Blick auf ihn richtete. Ehe Fenno näher
getreten war, ſagte Elſinore in ſchneidendem Ton:
„Wenn Sie etwas von Papa wünſchen, kommen Sie
ſpäter.“
Herr Walden aber ſprang raſch auf und Fenno's
Hand ergreifend, begann er: ö ö
„Herr Graf, Sie erlauben, daß ich Sie mit meinem
jungen Freunde, Herrn Horſt bekannt mache.“
Der Graf erhob ſich ebenfalls und reichte Fenno in
ungezwungener Weiſe die Hand; dieſer machte eine
leichte Verbeugung, ohne die Hand anzunehmen.
„Geben Sie mir immerhin Ihre Hand“, ſagte der
Graf, „wenn ich mich auch recht ungezogen benommen
habe gegen Sie, ſo hoffe ich doch, daß Sie zu gro
denken, um das nachzutragen.“ ö ö
„Bemühen Sie ſich nicht“, entgegnete Fenno kalt
auf des Grafen freimüthige Worte.
Elſinore hatte dieſer kleine Scene aufmerkſam zuge-
ſehen, und es glitt wie ein triumphirendes Lächeln um
ihren kleinen Mund, als ſie Fenno's ſtolze Zurückhal-
tung gewahrte. ö
Die Unterhaltung kam nicht wieder in Fluß, denn
 
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