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Heidelberger Volksblatt (7) — 1874

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Nr. 35 - Nr. 40 (2. Mai - 20. Mai)
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hHheidelberger Voll

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Mittwoch, den 6. Mai 1874.

erſchent Wittwoch und Sam ſtag. Preis monatlich 12 kr. Einzelne Nummer à kr. Man abonnirt beim Verleger, Schiffzaſſe 4
und bei den Trägern. Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten. ö

Der Mulatte.
Rovelle von C. Brunn⸗Gabrit.
(Fortſetzung).

Er ſtand auf und legte liebevoll ſeinen Arm um ihn.
„Und — Fenno“, ſagte er, „Dein Friedrich! Nicht
wahr, mein Freund, ich bin Dir etwas?“ —
„O Friedrich, wie kannſt Du fragen?“ rief Fenno
aufſpringend, und den Freund heſtig an ſich preſſend,
„Alles, Alles, biſt Du mir, Friedrich. Biſt Du doch
der einzige, der meine Liebe annimmt, der mich nicht
verachtet. O Freund, wie ſoll ich Dir jemals danken?“
„Mein Freund“, entgegnete der Graf, „Du biſt nicht
gerecht, Du vergißt Mr. Walden und den Profeſſor.“
„O Friedrich! Ja, ſie haben mich gern, aber Liebe
— wirklich Liebe haben ſie nicht für mich. Du biſt
der Einzige, wiederhole ich.“
Friedrich hatte einen Blick auf die Uhr geworfen
und lächelnd ſagte er:
„Ich weiß aber noch Jemand — ah — da kommt
er ſchon!“ ö
Er ſchritt ſchnell der Thür zu und öffnete ſie, —
ſein Bruder Ludwig trat ihm entgegen.
Fenno hatte erſchrocken auf den Eintretenden geſe-
hen — er wußte nicht, ſollte er ſich freuen oder är-
gern. ö
„Nun!“ ſagte Friedrich von Falkenburg, „ich muß
die Herren wehl erſt einander vorſtellen? Ihr ſteht
Euch ja Beide ſo fremd und kalt gegenüber, als hättet
Ihr Euch nie geſehen.“
Jetzt trat Ludwig näher und reichte Fenno die Hand.
Nur zögernd legte dieſer die ſeine hinein, ein vorwurfs
voller Blick ſtreifte Friedrich. ö
„Nein, Fenno“, begann der, „Du darfſt mir nicht
zürnen, weil ich endlich Ludwig's Bitten nachgab, er
wollte Dich ſo gern überraſchen. Rannſt Du ihn noch
nicht erhören?“
„Friedrich“, entgegnete Fenno ernſt, „ich dachte,
Du hätteſt mich kennen und verſtehen gelernt — doch,
ich will nichts weiter ſagen.“
Er griff nach ſeinem Hut.

„Halt!“ rief Ludwig, „wenn ich Sie von hier ver-

treibe, ſo will ich gehen und Sie können gewiß ſein,
daß ich Ihnen niemals in den Weg trete. Ich verſtehe
nicht recht, warum Sie mir auch jetzt noch ſo ſchroff
ausweichen, da Sie doch die Freundſchaft meines Bru-

ders annahmen — es müßte denn ſein, daß Sie ſpeziell
gegen mich etwas haben.“ 11
Der bittere Ton, mit dem er ſprach, drang Fenno
in's Herz, als Ludwig ſich zum Weggehen wandte,
ſtreckte er ihm beide Hände entgegen.
„Ludwig“, ſagte er herzlich, „ich habe einmal gegen
meinen Vorſatz gehandelt, indem ich Friedrich nachgab,
ich muß es zum zweiten Mal thun —“
Ludwig hatte ihn ſchon in die Arme geſchloſſen.
„Alſo endlich, Du felſenharter Menſch! Sieh, nun
iſt mein ſchöner Traum verwirklicht, nur daß ich frü-
her dachte, Dein erſter Freund zu ſein und zwiſchen
Dir und meinem Bruder zu vermitteln. Doch ich ſehe
ein, es mußte Friedrich eher gelingen — Fenno, wie
danke ich Dir, daß Du mir den Bruder erhalten haſt.“
„Ich bitte Dich, Ludwig, ſpricht nicht mehr davon“,
wehrte Fenno ab, „Friedrich hält es mir bei jeber Ge-
legenheit vor, weun Du auch noch anfängſt, kann ich
mich gar nicht mehr retten vor allen Lobpreiſungen,
die mir jedenfalls ſchon über Gebühr zu Theil wurden.
Ich möchte wiſſen, ob Ihr an meiner Stelle nicht ebenſo
gehandelt hättet.“
„Und ich möchte wiſſen“, entgegnete Friedrich lä-
chelnd, „ob Dein Dank, wenn Dn an meiner Stelle
wärſt, ein Ende finden würde.“

VII.

Elſinore ſaß am Pianino und den Kopf halb nach
dem Graſen Friedrich zurückgewendet, ſpielte ſie ein
modernes Salon⸗-Stück. Um den Tiſch ſaßen Mr.
Walden, Mrs. Leſter, Ludwig von Falkenburg und
Fenno. ö
„Ich möchte wiſſen, Herr Graf“, wandte ſich Herr
Walden an Friedrich, „ob Sie eben ſo lange geduldig
hinter Elſinore's Stuhl ſtehen, als ſie Luſt hat, zu
ſpielen.“ ö ö
„Soll ich aufhören, Papa?“ fragte Elſinore ſchnell.
„Nun ich denke, der Herr Graf wird zufrieden ſein,
er bat Dich um ein Stück, und dies iſt das dritte.“
„Allerdings, ich war unbeſcheiden“, verſetzte Fried⸗—
rich, „wenn Jeder der Anweſenden gleiche Anſprüche
machte, würde Miß Elſinore morgen lahme Hände
haben.“
„O, ſo leicht ermüde ich nicht“, ſcherzte Elſinore.
„Aber Graf Ludwig und Fenno haben jetzt auch das
Recht, ihr Lieblingsſtück von mir zu fordern, Sie wiſ-
ſen, ich verſprach es ihnen.“
„Das meines Bruders ſpielten Sie ſo eben, alſo
 
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