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Helbig, Wolfgang
Untersuchungen über die Campanische Wandmalerei — Leipzig, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12280#0291

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XXIII. Das NaturgefiihL

271

die Stadt entschlossen. Daher kam es, dass, wie Isokrates *) be-
zeugt , die Häuser in der attischen Landschaft vielfach schöner
gebaut und wohnlicher eingerichtet waren, als in Athen. Viele
wohlhabende attische Bürger mochten den ständigen Wohnsitz
auf ihrem Grundbesitze und in der Stadt vielleicht nur ein Ab-
steigequartier haben, wie jener Philoneos, dessen Antiphon'-) ge-
denkt, eines gemiethet hatte. Ebenso hatten die Eleier nach dem
Berichte des Polybios:t) eine ausgesprochene Vorliebe für den
Landaufenthalt. Mögen uns bestimmte Zeugnisse über die Sachlage
bei anderen griechischen Stämmen fehlen, so beruhte jedenfalls
in den Freistaaten das Vermögen der Vollbürger vorwiegend auf
dein Grundbesitze, und dieser Umstand musste die Städter viel-
fach auf das Land und irr die freie Natur hinausführen. Unter
solchen Verhältnissen lebte der Grieche im Vollgenusse der Natur
und brauchte er dieselbe nicht zu suchen. Es ist daher begreif-
lich , dass sein Naturgefühl, so lange dieser Zusammenhang un-
getrübt war, vollständig naiv und ohne jegliche Beimischung von
Sehnsucht blieb.

Anders gestaltete sich das Leben in den Grossstädten der
Diadochenreiche. Die bedeutende Ausdehnung dieser Städte, die
zahlreiche Bevölkerung derselben, das daselbst herrschende be-
wegte und geräuschvolle Treiben, die überfeinerte (Jivilisation,
die Goriceiitration auf bestimmte Berufszweige — alles dies war
geeignet, den Zusammenhang des Menschen mit der Natur zu
verkümmern. Allerdings war die Scheidewand nicht so gewaltig
wie die, welche durch die moderne (Jivilisation aufgebaut worden
ist. Alexandreia, Antiocheia am Orontes, Seleukeia am Tigris4)

1) Areop. § 52. 2) de venef. § 14. 3) IV 73.

4) Der ursprüngliche Dan berechnete Alexatfdreia auf einen
Umfang von 15 Milben (Plin. n Ii. V 62): Nach Diodor. XVII 52 war
die Stadt von .'{00,0(10 Freien bewohnt. Vgl. Droysen, Gesch. d.
Hellenismus 1 p. 603 ff. (140 ff. Seleukeia am Tigris wird hinsicht-
lich Grösse und Volkszahl von Strabo XVI 1 p. 7ISS 2 p. 7-50 neben
Alexandreia, über Antiocheia am Orontes, ja über Babylon gestellt.
Mithradates von Pontes nennt in dem aus den Historien des Sallüst
erhaltenen Briefe an Arsaces XI die Stadt maxunia nrbiiim (Sallust.
ed. Jordan p. 124, 2). Für ihre Bewohnerzahl ist. es bezeichnend, dass
daselbst zur Zeit, des Kaisers Claudius, als die griechische und syri-
sche Bevölkerung eine Judenhetze anstellten, 50,000 Juden todt-
geschlagen wurden (Joseph, antiquit. XVIII 9, '.)). Plinius n. Ii. VI
122 berechnet die Einwohner auf 600,000. Rufus, brev. 21 (Vgl. Oos.
VII15) auf '400,000. Vgl. Droysen, Gesch. d. Hellenismus II p. 708 ff.
Die Nachrichten über Antiocheia am Orontes sind zusammengestellt
von O. Müller, ant. Antiochen. I p. 2 p. 27 ff. Vgl. Droysen a. a. O.
II p. 6S8 ff. Allerdings datiren die bestimmten Angaben über die
Bevölkerungszahl dieser Städte aus der römischen Kaiserzeit. Doch
 
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