Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

DOI Artikel:
Gewebe im Innenraum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0022

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14

INN EN-DEKORATION

VILLA AM SEE »DOPPELBETT-GASTZIMMER« ENTWURF: ARCHITEKT ALBERTO LEGNANl —BOLOGNA

GEWEBE IM INNENRAUM

Holz und Gewebe verbinden sich im Innenraum
seit alter Zeit. Schon bei Homer werden köstliche
Teppiche über die Sessel gebreitet, und festlich sitzt
der Hausherr oder der geehrte Gast auf dem so ge-
schmückten »thronos«, dem hohen Lehnstuhl mit dem
davor gestellten Fußschemel. Im frühen Mittelalter
sehen wir Gewebe mit verschwenderischer Üppigkeit
im Innenraum verbreitet, namentlich wo es sich um
die Gemächer der Reichen handelt. In reichen Fal-
tungen bekleiden sie als Behänge die Mauern. Sie um-
geben zeltartig das Bett oder bilden ihm einen Balda-
chin, sie bedecken als Teppiche den Boden, sie
schmücken in Raffungen das Wandfeld hinter dem
Sessel, und oft hängen sie in langen Bahnen vom
Deckensims über Rückenlehne, Sitz und Fußstütze
des Sessels herab bis auf den Estrich. Eine lange Tra-
dition hat auch der als Türverschluß dienende Tep-
pich, die Portiere, wie man sie auf der Mosaikdarstel-
lung der Kaiserin Theodora zu Ravenna sieht; der

Türteppich stammt ja noch aus den Zeiten der Zelt-
behausung und ist insofern wahrscheinlich älter als
der hölzerne Türverschluß. Auch als Fensterver-
schluß hat der Teppich lange gedient. Durch viele
Jahrhunderte des nachantiken Europa, bis zum Ba-
rock und Rokoko, lebt sich im Innenraum eine breite
Freude am Gewebe aus. Sie hat ihre Entsprechung in
den stoffreichen, ausladenden Trachten jener Zeiten,
die mit ihrer bewegten Führung, ihren Faltungen und
Bauschungen und wehenden Fittichen das saftige
Lebensgefühl der zugehörigen Menschheit so prall zur
Anschauung bringen. Was wäre die Innendekoration
der Barockzeit ohne die schwungvollen Draperien,
ohne die rednerische Geste von Samt- und Brokat-
bahnen, die in genialischem Wurf über Tischen und
Balustraden, an Wänden und Säulen die Leiden-
schaften, die pompösen Körpergefühle eines intensiv
lebenden Geschlechtes darstellen? In der Verwen-
dung der Gewebe zeigt sich derselbe Geist wie im
 
Annotationen