304
I
DAS TÄGLICHE LEBEN IM BILD
n der Gebrauchskunst sind seit je die typischen Sze- sehen einer uns völlig entschwundenen Vergangenheit
nen des Alltagslebens ein beliebtes Bildmotiv ge- beseelt haben. Malereien und Reliefs ägyptischer
wesen. Die volkstümliche Keramik, die volkstümliche Gräber haben schon vor fast 5000 Jahren die Alltags-
Weberei und Stickerei haben Jahrhunderte hindurch beschäftigungen des Fischers, des Jägers zum Gegen-
ihre Erzeugnisse mit bildlichen Darstellungen aus der stände genommen. Aus etwas späterer Zeit sieht man
Arbeit bestimmter Berufsstände geschmückt. Auf Schilderungen des Pflügens, Säens und Erntens, wie
Pfeifenköpfen und Bierkrügen, Tellern und Tassen, es etwa vor drei Jahrtausenden in Ägypten auf großen
Wand- und Ofenkacheln, auf Eisengußreliefs, wie sie Gütern üblich war. Viehzucht und Milchwirtschaft er-
als Schmuck von Ofenplatten oder als Wandzierat scheinen in allen ihren Stadien, die Bierbrauerei, der
dienten, konnte man in vielen Abwandlungen den Bootsbau, die Schreinerei werden eingehend geschil-
Schnitter und Sämann, den Pflüger und den Hirten dert, und nicht selten kommt dabei ein fröhlicher Hu-
abgebildet sehen, auch den Fuhrmann mit seinen mor zum Wort, wie er ja auch die vorgenannten deut-
Gäulen, den Schmied am Amboß, und große Gunst sehen Darstellungen oft kennzeichnet. Man sieht
genossen namentlich die Motive aus dem fröhlichen Holzschnitzer, Töpfer, Goldschmiede bei ihrer Arbeit,
Waidwerk, der Jägersmann mit dem Feuerrohr, das man sieht ihre Werkzeuge, Einrichtungsstücke der
springende Hirschlein vor den verfolgenden Rüden. Werkstatt und schließlich, fast katalogartig, die ferti-
Es hat den Menschen der alten Zeit Freude gemacht, gen Produkte. Und welchem Zwecke dienten diese
ihrem eigenen Alltag in den anspruchslosen Schilde- Bilder? Der Tote sollte mit ihrer Hilfe das Leben, das
reien, die ihre Geräte schmückten, wieder zu begeg- er geführt hatte, im Jenseits fortsetzen können; einem
nen. Sie fühlten sich dadurch inniger in ihr Dasein währenden, liebgewordenen Leben sollten sie dienen,
eingesetzt und täglich neu darin bestätigt. Ähnliche Kann das nicht mit dem Zwecke der Bilder auf
Empfindungen müssen wohl auch schon die Men- unsern Wand-und Ofenkacheln verglichen werden? -
, * t !W\
MPI
»'*'♦'«!■
.♦♦V.
♦ ♦ ♦
wmmm
* ;
»MEISSNER KACHELOFEN« ENTWURF: PROFESSOR OSWIN HEMPEL-DRESDEN, BEMALUNG: CURT CREUTZ - DRESDEN
I
DAS TÄGLICHE LEBEN IM BILD
n der Gebrauchskunst sind seit je die typischen Sze- sehen einer uns völlig entschwundenen Vergangenheit
nen des Alltagslebens ein beliebtes Bildmotiv ge- beseelt haben. Malereien und Reliefs ägyptischer
wesen. Die volkstümliche Keramik, die volkstümliche Gräber haben schon vor fast 5000 Jahren die Alltags-
Weberei und Stickerei haben Jahrhunderte hindurch beschäftigungen des Fischers, des Jägers zum Gegen-
ihre Erzeugnisse mit bildlichen Darstellungen aus der stände genommen. Aus etwas späterer Zeit sieht man
Arbeit bestimmter Berufsstände geschmückt. Auf Schilderungen des Pflügens, Säens und Erntens, wie
Pfeifenköpfen und Bierkrügen, Tellern und Tassen, es etwa vor drei Jahrtausenden in Ägypten auf großen
Wand- und Ofenkacheln, auf Eisengußreliefs, wie sie Gütern üblich war. Viehzucht und Milchwirtschaft er-
als Schmuck von Ofenplatten oder als Wandzierat scheinen in allen ihren Stadien, die Bierbrauerei, der
dienten, konnte man in vielen Abwandlungen den Bootsbau, die Schreinerei werden eingehend geschil-
Schnitter und Sämann, den Pflüger und den Hirten dert, und nicht selten kommt dabei ein fröhlicher Hu-
abgebildet sehen, auch den Fuhrmann mit seinen mor zum Wort, wie er ja auch die vorgenannten deut-
Gäulen, den Schmied am Amboß, und große Gunst sehen Darstellungen oft kennzeichnet. Man sieht
genossen namentlich die Motive aus dem fröhlichen Holzschnitzer, Töpfer, Goldschmiede bei ihrer Arbeit,
Waidwerk, der Jägersmann mit dem Feuerrohr, das man sieht ihre Werkzeuge, Einrichtungsstücke der
springende Hirschlein vor den verfolgenden Rüden. Werkstatt und schließlich, fast katalogartig, die ferti-
Es hat den Menschen der alten Zeit Freude gemacht, gen Produkte. Und welchem Zwecke dienten diese
ihrem eigenen Alltag in den anspruchslosen Schilde- Bilder? Der Tote sollte mit ihrer Hilfe das Leben, das
reien, die ihre Geräte schmückten, wieder zu begeg- er geführt hatte, im Jenseits fortsetzen können; einem
nen. Sie fühlten sich dadurch inniger in ihr Dasein währenden, liebgewordenen Leben sollten sie dienen,
eingesetzt und täglich neu darin bestätigt. Ähnliche Kann das nicht mit dem Zwecke der Bilder auf
Empfindungen müssen wohl auch schon die Men- unsern Wand-und Ofenkacheln verglichen werden? -
, * t !W\
MPI
»'*'♦'«!■
.♦♦V.
♦ ♦ ♦
wmmm
* ;
»MEISSNER KACHELOFEN« ENTWURF: PROFESSOR OSWIN HEMPEL-DRESDEN, BEMALUNG: CURT CREUTZ - DRESDEN