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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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D., M.: Glatt und klar
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0368

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INNEN-DE KORAT ION

GLATT UND KLAR. Durch die ganze Kulturwelt
geht eine Begeisterung für schöne glatte weiße
Wäsche. Sie bildet den Stolz der Frau, die etwas auf
sich hält - aber auch dem Manne sind die Gefühle
nicht fremd, die die Augen der Frau beim Anblick
eines wohlbesetzten Wäscheschrankes aufglänzen
lassen. Glatt und klar - was wäre ohne diese Wun-
derwirkungen von Bügeleisen und Seife unsre ganze
persönliche Lebenspflege? Welcher Mann möchte
heute noch seine Beine in die lächerlichen zerknit-
terten Buxen stecken, die der siebente Edward in sei-
ner prinzlichen Jugend trug? Oder wer möchte gar in
die Prunkgewänder steigen, von denen in Tausend-
undeiner Nacht und in andern alten Erzählungen so-
viel Wesens gemacht wird? Sie müssen samt und
sonders in einem Zustande gewesen sein, den heute
kein Arbeiter seinem Sonntagsanzug gestatten würde
- denn siehe! sie hingen nicht in Kleiderschränken,
sondern lagen aufeinander in Truhen und wurden,
wie z. B. am altpersischen Königshof, hie und da ein-
mal »aufgelüftet« wie die Säcke. Homer erzählt zwar
von dem Wäschefest der niedlichen Nausikaa (kalt und
ohne Seife, wohlgemerkt!), aber nirgends steht etwas
davon, daß das Königskind die »schimmernden« Tü-

cher auch gebügelt habe. Hört man, daß die Prunk-
gewänder, mit denen etwa ein Potentat einen Höfling
beschenkte, alsbald angezogen wurden, ohne daß eine
Schneiderhand sie auch nur oberflächlich dem dünne-
ren oder dickeren Gebäuche des Beschenkten ange-
paßt hätte, so erhält man kein großartiges Bild von
den alten Ansprüchen auf adretten Kleidersitz.

Und dann gar die Frage der Sauberkeit, d. h. der
Seife! Der Körper zwar genoß im Altertum ausgie-
bige Pflege, er wurde reichlich gebadet und gesalbt.
Aber wie sind die Salbenspuren aus den Geweben
wieder entfernt worden ? Das mag sich mancher schon
gefragt haben. Sicher ist, daß unsre germanischen
Vorfahren gerade in dieser Hinsicht besser gestellt
waren als die stolzen römischen Eroberer; denn Pli-
nius und der berühmte Arzt Galenus sprechen mit
Neid von der germanischen Seife, und es hat ganz den
Anschein, als sei die Seife eine germanische Erfin-
dung, welche die Römer erst bei uns kennengelernt
haben. Verschiedene alte Schriftsteller berichten, daß
der germanische Stamm der Mattiaker mit römischen
Kaufleuten einen schwunghaften Handel in Laugen-
steinen trieb, die Roms Damen zum Waschen und
Bleichen der Haare willkommen waren. — M.D.

Aufnahmen: Ohler

ARCHITEKT KARLPAUL HAUSSER-STUTTGART »BADEZIMMER IM HAUS DR.P.L. —BAD CANNSTATT«
 
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