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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Michel, Wilhelm: Trinkstuben in alter und neuer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0253

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I NN EN-D E KORATI ON

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TRINKSTUBEN IN ALTER UND NEUER ZEIT

Der älteste in Deutschland übliche Name für die
Gaststätte ist merkwürdigerweise ein Fremd-
wort, das aus dem Lateinischen stammende »Taverne«
mit seinen Nebenformen wie Tafern usw. Aber das
erklärt sich daraus, daß schon zur Zeit der Römer an
den von ihnen angelegten Heer- und Handelsstraßen
Weinbuden und Wirtshäuser bestanden hatten. Die
lateinische Bezeichnung derselben glitt ins frühe Mit-
telalter hinüber und blieb noch lange neben den ein-
heimischen Namen Weinhaus, Lithaus, Krug, Schenke
bestehen. Ursprünglich liegt dem ganzen Gaststätten-
wesen nur der Gedanke zugrunde, dem Reisenden vor-
übergehende Rast und Erquickung auf einem Wege-
halt zu verschaffen. Dem entspricht es auch, daß noch
im späteren Mittelalter den Schenken, soweit sie im
Weinbaugebiet lagen, nur die Verabreichung von
Brot und Wein, im Norden von Brot, Bier und Fleisch
gestattet war. Mit dem Aufstieg des Bauern- und des
Bürgerstandes verlor dann das Gasthaus den Charak-
ter einer bloß vorläufigen und behelfsmäßigen Unter-
kunft. Es wurde seit dem 13. Jahrhundert immer

mehr auch zu einem Erholungsort für Einheimische,
zum Schauplatz für ausgiebiges Zechen, für Gesellig-
keit und Tanz. Die »Herbergen« wuchsen in den
Städten zu beträchtlichen Betrieben. Aber neben
den Herbergen, unsern heutigen Gasthöfen oder Ho-
tels, spielten die Weinhäuser, die Trinkstuben und
Schenken eine große Rolle. Wurden sie doch nicht
nur des Vergnügens halber aufgemacht, sondern sehr
häufig auch aus geschäftlichen Gründen; denn seit
alter Zeit stand der Brauch im Schwang, jeden be-
deutenderen Kauf oder Handel durch einen Trunk
Weines festzumachen, und dieser »Weinkauf« war
keine bloße Formalität, er hatte rechtserhebliche Gel-
tung. Früh bürgerten sich auch besondere Namen für
die einzelnen Gaststätten ein, teils an den Namen des
Inhabers, teils an die Hausmarke anknüpfend; wie
denn z. B. in Basel 1245 eine Herberge >>zem bluomen«
(Zur Blume) bestand. Und aus der alten Sitte, die
Schenkstube durch einen ausgesteckten Faßreifen,
durch einen grünen Kranz oder eine Kanne kenntlich
zu machen, haben sich die Wirtshausschilder ent-
 
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