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INN EN-DEKORATION
ARCHITEKT PAOLO BUFFA-MAILAND »ZIMMER FÜR EIN JUNGES MÄDCHEN« KIRSCHBAUM NATUR MATT POLIER !
DAS REICH DER FRAU
Das Reich der Frau, ihre Kleidung, ihr Wohn- an und wird von ihr weitgehend geteilt. - Die hier be-
raum, ihr Sachbesitz wurden in früheren Zeiten zeichnete Auffassung vom Kameraden Eva hat sich
- wenigstens da, wo man auf Eleganz bedacht war - bis tief ins 19. Jahrhundert hinein erhalten. Noch in
gern ins Niedliche und Zierliche, oft sogar ins Spiele- deutschen Erzählungen der 70er und 80er Jahre gilt
rische stilisiert. Bildliche Darstellungen des 18. Jahr- es als eine Zier des Weibes, daß es leicht in Ohnmacht
hunderts, englische und französische Kupferstiche fällt, daß es durchaus einen Beschützer (mit Vollbart)
oder Gemälde schildern das Boudoir der Dame von braucht und daß an der Schwelle seines Zimmers der
Welt als eine Puppenstube voll koketter Drehspiegel- Ernst, die Ordnung, die Vernunft aufhören. Diese
chen, himmelblauer Couchetten, zerbrechlicher Stühl- Auffassung bestand nicht nur im Bezirk der Marlitt
chen und Taburettchen, überstreut von einer lächeln- und ihrer denkwürdigen »Goldelse«, sie war mit
den Unordnung farbiger Seiden, Rüschen und Bän- andrer Akzentuierung auch die von Strindberg, und
der. Und die Besitzerin dieser bunten Herrlichkeiten sie spukt deutlich noch bei einem so gewaltigen Geiste
probiert gerade ein neues Kleid an oder gibt ihrem wie Friedrich Nietzsche, der im Weibe gern das ge-
Affen Zucker. Die Dame spiegelt sich in solchen Dar- fallsüchtige, lächelnde Spielzeug sah, von der Vor-
stellungen als ein Wesen, das zwar feiner und zarter sehung dazu bestimmt, als »feineres, leichteres We-
ist als der Mann, dafür aber auch verspielter und lau- sen« die Erholung »aller sehr gespannten und tiefen
nischer und sozusagen nicht ganz vollwertig. Natür- Männer« zu bilden. - Heutzutage sieht das Reich der
lieh kehrt da der Künstler eine bestimmte Auffassung Frau anders aus, im Heim wie im Leben. Das Feine
heraus, aber diese Auffassung ist nicht seine persön- und Heitere ist ihm erhalten geblieben, aber es er-
höhe Sache, sondern sie gehört der betreffenden Zeit scheint in klarer geistiger Fassung. Es ist nicht mehr
INN EN-DEKORATION
ARCHITEKT PAOLO BUFFA-MAILAND »ZIMMER FÜR EIN JUNGES MÄDCHEN« KIRSCHBAUM NATUR MATT POLIER !
DAS REICH DER FRAU
Das Reich der Frau, ihre Kleidung, ihr Wohn- an und wird von ihr weitgehend geteilt. - Die hier be-
raum, ihr Sachbesitz wurden in früheren Zeiten zeichnete Auffassung vom Kameraden Eva hat sich
- wenigstens da, wo man auf Eleganz bedacht war - bis tief ins 19. Jahrhundert hinein erhalten. Noch in
gern ins Niedliche und Zierliche, oft sogar ins Spiele- deutschen Erzählungen der 70er und 80er Jahre gilt
rische stilisiert. Bildliche Darstellungen des 18. Jahr- es als eine Zier des Weibes, daß es leicht in Ohnmacht
hunderts, englische und französische Kupferstiche fällt, daß es durchaus einen Beschützer (mit Vollbart)
oder Gemälde schildern das Boudoir der Dame von braucht und daß an der Schwelle seines Zimmers der
Welt als eine Puppenstube voll koketter Drehspiegel- Ernst, die Ordnung, die Vernunft aufhören. Diese
chen, himmelblauer Couchetten, zerbrechlicher Stühl- Auffassung bestand nicht nur im Bezirk der Marlitt
chen und Taburettchen, überstreut von einer lächeln- und ihrer denkwürdigen »Goldelse«, sie war mit
den Unordnung farbiger Seiden, Rüschen und Bän- andrer Akzentuierung auch die von Strindberg, und
der. Und die Besitzerin dieser bunten Herrlichkeiten sie spukt deutlich noch bei einem so gewaltigen Geiste
probiert gerade ein neues Kleid an oder gibt ihrem wie Friedrich Nietzsche, der im Weibe gern das ge-
Affen Zucker. Die Dame spiegelt sich in solchen Dar- fallsüchtige, lächelnde Spielzeug sah, von der Vor-
stellungen als ein Wesen, das zwar feiner und zarter sehung dazu bestimmt, als »feineres, leichteres We-
ist als der Mann, dafür aber auch verspielter und lau- sen« die Erholung »aller sehr gespannten und tiefen
nischer und sozusagen nicht ganz vollwertig. Natür- Männer« zu bilden. - Heutzutage sieht das Reich der
lieh kehrt da der Künstler eine bestimmte Auffassung Frau anders aus, im Heim wie im Leben. Das Feine
heraus, aber diese Auffassung ist nicht seine persön- und Heitere ist ihm erhalten geblieben, aber es er-
höhe Sache, sondern sie gehört der betreffenden Zeit scheint in klarer geistiger Fassung. Es ist nicht mehr