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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Kultur in alter und neuer Welt
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0067

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KULTUR IN ALTER UND NEUER WELT

Man hört und hörte schon in alter Zeit viel von der
strengen Zucht der Spartaner, von ihrer Ab-
lehnung aller Zivilisation, von dem entbehrungsrei-
chen Leben, das sie sich auferlegten, um ihre kriege-
rische Tüchtigkeit zu bewahren. Aber der Hinter-
grund dieser Maßnahmen bleibt dabei meist außer Be-
tracht. Er bestand in den Erfahrungen, welche die
alte europäische Menschheit mit dem verfeinerten,
behaglichen Leben gemacht hatte. Den Spartanern
stand die weichliche Üppigkeit vor Augen, wie sie
unter den asiatischen Völkern grassierte. Sie sahen
die bis zum Wahnsinn gehenden Ausschweifungen an
den Höfen der Lyder und Perser, aber auch bei Illy-
riern, Tyrrhenern, Tarentinern, und auch unter den
Griechen selbst gab es zahlreiche Beispiele von Ent-
artung in ungehemmter Schwelgerei. Sie sahen die
Zusammenhänge zwischen dieser Üppigkeit und den
politischen Schicksalen der Völker ; denn die Verweich-
lichten unterlagen denen, die an ein hartes Leben ge-
wöhnt waren. So kamen die Spartaner, die hier als
Exponenten der gesamtgriechischen Mannheit und
Geistesstärke handelten, zu ihrer Totalablehnung

aller Zivilisation in Kleidung, Behausung, Lebens-
weise. So entwickelten sie ihre staatlich-politische
Kontrolle der individuellen Lebensführung, die so
weit ging, daß ein Privatmann öffentlich diffamiert
werden konnte, wenn er in seinem Körperbau zu
wenig männlich befunden wurde. Ein solcher Weich-
ling konnte erleben, daß er nackt in die Mitte der
Volksversammlung gestellt und von den Ephoren mit
Schmähungen ob seiner Lebensweise überhäuft
wurde, ja, daß ihm Ausstoßung aus der Stadt ange-
droht wurde, falls er seine Lebensweise nicht ändere.

Ohne Zweifel haben die Spartaner - man denke
daran, daß sie auch gepflegte Kleidung, behagliches
Wohnen und gar das Gold- und Silbergeld verboten,
um den Luxus mit der Wurzel auszurotten - das
Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Aber nur so konn-
ten sie in einer Welt, die an sich keine wirksamen mo-
ralischen Sicherungen gegen den Mißbrauch der Zivi-
lisation besaß, ihr Ziel zu erreichen hoffen. Alle
Schönheit, alle höhere Form und Sitte, Kunst und
Geistespflege mußten sie zu unterbinden streben, um
die Härte des Körpers und des Willens zu bewahren,

1941. II. 3
 
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