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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Von der Spezialisierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0367

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INN EN-DEKORATION

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Städten nährt sich der eine Schuster nur von Repara-
turen, ein andrer vom Auszacken des Leders, ein
dritter allein vom Zuschneiden des Oberleders, und
der vierte schließlich näht nur die einzelnen Teile zu-
sammen. Die notwendige Folge dieser Arbeitsteilung
ist aber die, daß, je kleiner der Teil einer Arbeit ist,
welchen ein Handwerker zu liefern hat, er ihn um so
vollkommener herstellen wird.«

Hier sieht man im Gewerbe nicht nur das Spezial-
handwerk sich herausbilden, sondern es werden auch
schon erste Ansätze zur industriellen Produktions-
weise sichtbar. Denn für die industrielle Fabrikation
ist nicht eigentlich die Verwendung von Maschinen,
sondern die Zerlegung der Arbeit in mehrere verschie-
dene Arbeitsgänge charakteristisch. Der alte Schrift-
steller sieht auch genau den Zusammenhang dieser
Entwicklung mit der Großstadt. Sie gewährleistet mit
ihrer starken höheren Gesellschaftsschicht einen
Dauerbedarf an besonders verfeinerten Waren und
Einzelleistungen und führt daher notwendig zur Zer-
legung der Arbeit, zur Spezialisierung.

Es ist bekannt, daß die antiken Großstädte, na-
mentlich auch die der späteren Zeit, wie Rom,

Alexandria, Korinth, die Spezialisierung lebhaft
weiterentwickelt haben, bis zu Graden der Zuspit-
zung, die uns heute fast unsinnig erscheinen. Sie
konnten das um so eher tun, als die Rücksicht auf
den lebendigen Menschen, dem eine übertriebene
Spezialisierung so viel von den Freuden der Arbeit
nimmt, in der alten Welt kaum eine Rolle spielte.
Sind doch sogar viele Jahrhunderte des christlichen
Zeitalters, in welchem grundsätzlich die Persönlich-
keit des einzelnen Arbeiters ernst genommen wurde,
an diesem wichtigen Punkte vorübergegangen.

Vom heutigen Standpunkte aus sehen wir jedenfalls,
daß in der »ganzen Ausübung eines Gewerbes«, die
unser alter Autor als etwas Primitives abzutun Miene
macht, unersetzliche Werte liegen. Es sind die Werte
des handwerklichen Schaffens, die seelischen Werte,
die personbildenden Kräfte, die in der Durchführung
eines Gebildes vom Rohstoff bis zur fertigen Form ge-
geben sind. Diese Werte sind uns von neuem teuer
geworden und unsre Ordnung der Produktion wird
sie festhalten als eine Norm, die auch da noch gilt,
wo sie nicht buchstäblich, wohl aber in der Achtung
vor der schaffenden Persönlichkeit verwirklicht wird.

»EINGEBAUTER SCHLAFZIMMERSCHRANK MIT GEÖFFNETEM WASCHEABTEIL« TÜRVORHÄNGE: ROHSEIDE
 
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