INNEN-DEKORATION
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»SCHREIBTISCHPLATZ IM VORSTEHENDEN WOHNSCHLAFRAUM« BEZÜGE: GELB-ROT-GRÜN-KARIERT, GELBER TEPPICH
er erzeugt es nicht. Zumindest bringt er niemals den
Rohstoff hervor. Wohl vermag er vielleicht, einen ge-
gebenen Grundstoff so zu verändern, daß er ein Mate-
rial erhält, das ganz seinen Absichten gehorcht. In-
dessen beginnt alsdann die geistig-formale Gestaltung
bereits bei solcher Umwandlung des Stoffes.
Jedes Material hat Eigenschaften, die als die ihm
natürlichen zu betrachten sind. Es hat eine be-
stimmte Struktur seines inneren Aufbaus, der An-
ordnung seiner kleinsten Teile - es ist hart oder weich,
biegsam oder spröde, glatt oder rauh -, es erscheint
gleichmäßig einheitlich oder zeigt mannigfache Ver-
änderungen in der Zusammensetzung seiner Teile -
es hat eine bestimmte Farbe, einen bestimmten Grad
von Helligkeit usw. Alle diese Merkmale stellen ge-
gebene Tatsachen dar, mit denen rechnen muß, wer
sich eines Stoffes bedient, um mit seiner Hilfe ein Werk
der Kunst oder des Kunstgewerbes hervorzubringen.
Ein Kunstwerk ist eine harmonische und notwen-
dige Einheit aller zu seinem Aufbau verwendeten gei-
stigen, formalen und stofflichen Elemente. Sie ist am
leichtesten zu erzielen, wenn der Gestaltende auf die
natürlichen Forderungen des Materials achtet. Ein_
1941. VI, 3»
Kunstwerk soll nicht als erzwungenes Gebilde vor
uns stehen, es soll nicht »künstlich« wirken. Vielmehr
soll es, obwohl es ein Erzeugnis des Menschen und
nicht der Natur ist, so erscheinen, als wäre es nicht
mühevoll gemacht worden, sondern als wäre es ge-
wachsen, als könne es unmöglich anders sein, als es
ist. Nur dann ist es organisch gleich einem Gebilde der
Natur. Unerläßliche Voraussetzung ist jedoch: frei-
willige Mitarbeit des Materials.
Wir können uns diesen Vorgang bildlich klar-
machen. Die schöpferische Vorstellung muß, um zur
Form und damit zum sichtbaren Werke zu gelangen,
einen Weg zurücklegen, auf dem sie das Material mit-
zunehmen hat. Liegt nun der Stoff bereits auf der
Bahn zur Form, wünscht er selbst, eben in dieser
Form sich bilden zu lassen, so ergibt sich eine gerade
Linie als kürzeste Wegstrecke, die überhaupt be-
schritten werden kann. Anders, wenn das Material
seiner Natur nach eine andere Behandlung fordert.
Es steht dann jenseits der einfachen Bahn, den der
schöpferische Gedanke zu durchlaufen hat, muß aber
herbeigeholt werden, weil die Form nur aus Stoff ent-
wickelt werden kann. Darum muß nun die schöpfe-
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»SCHREIBTISCHPLATZ IM VORSTEHENDEN WOHNSCHLAFRAUM« BEZÜGE: GELB-ROT-GRÜN-KARIERT, GELBER TEPPICH
er erzeugt es nicht. Zumindest bringt er niemals den
Rohstoff hervor. Wohl vermag er vielleicht, einen ge-
gebenen Grundstoff so zu verändern, daß er ein Mate-
rial erhält, das ganz seinen Absichten gehorcht. In-
dessen beginnt alsdann die geistig-formale Gestaltung
bereits bei solcher Umwandlung des Stoffes.
Jedes Material hat Eigenschaften, die als die ihm
natürlichen zu betrachten sind. Es hat eine be-
stimmte Struktur seines inneren Aufbaus, der An-
ordnung seiner kleinsten Teile - es ist hart oder weich,
biegsam oder spröde, glatt oder rauh -, es erscheint
gleichmäßig einheitlich oder zeigt mannigfache Ver-
änderungen in der Zusammensetzung seiner Teile -
es hat eine bestimmte Farbe, einen bestimmten Grad
von Helligkeit usw. Alle diese Merkmale stellen ge-
gebene Tatsachen dar, mit denen rechnen muß, wer
sich eines Stoffes bedient, um mit seiner Hilfe ein Werk
der Kunst oder des Kunstgewerbes hervorzubringen.
Ein Kunstwerk ist eine harmonische und notwen-
dige Einheit aller zu seinem Aufbau verwendeten gei-
stigen, formalen und stofflichen Elemente. Sie ist am
leichtesten zu erzielen, wenn der Gestaltende auf die
natürlichen Forderungen des Materials achtet. Ein_
1941. VI, 3»
Kunstwerk soll nicht als erzwungenes Gebilde vor
uns stehen, es soll nicht »künstlich« wirken. Vielmehr
soll es, obwohl es ein Erzeugnis des Menschen und
nicht der Natur ist, so erscheinen, als wäre es nicht
mühevoll gemacht worden, sondern als wäre es ge-
wachsen, als könne es unmöglich anders sein, als es
ist. Nur dann ist es organisch gleich einem Gebilde der
Natur. Unerläßliche Voraussetzung ist jedoch: frei-
willige Mitarbeit des Materials.
Wir können uns diesen Vorgang bildlich klar-
machen. Die schöpferische Vorstellung muß, um zur
Form und damit zum sichtbaren Werke zu gelangen,
einen Weg zurücklegen, auf dem sie das Material mit-
zunehmen hat. Liegt nun der Stoff bereits auf der
Bahn zur Form, wünscht er selbst, eben in dieser
Form sich bilden zu lassen, so ergibt sich eine gerade
Linie als kürzeste Wegstrecke, die überhaupt be-
schritten werden kann. Anders, wenn das Material
seiner Natur nach eine andere Behandlung fordert.
Es steht dann jenseits der einfachen Bahn, den der
schöpferische Gedanke zu durchlaufen hat, muß aber
herbeigeholt werden, weil die Form nur aus Stoff ent-
wickelt werden kann. Darum muß nun die schöpfe-