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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Kultur
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Manche Epoche
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270

INNEN-DEKORATION

MANCHE EPOCHE der Vergangenheit hat an
prunkvollem Zuschnitt des äußeren Lebens die
Gegenwart weit überboten. Wäre Kultur eine Frage
der Verfeinerung, des Aufwands, so könnte sich die
heutige Welt und ihre Kultur nicht einmal neben
dem behaupten, was uns aus den Ruinen von Pal-
myra, den wunderbaren »Säulenwäldern in den
Ebenen der Wüste«, noch jetzt anredet. Wir lesen,
daß ein großer Teil des kaiserlichen Rom mit Ther-
menbauten bedeckt war, deren Reste noch immer
die Bewunderung der Welt bilden. Das ganze Leben
der Riesenstadt hat sich in diese marmornen, hoch-
gewölbten Badepaläste hineingedrängt. Es wurde in
ihnen getafelt, Blumenmärkte breiteten ihre Pracht
aus, Notare hatten dort ihre fliegenden Büros, und
in den Thermen des Caracalla gab es sogar große
Bibliotheken mit Büchern aus Holz, weil andre den
Wasserdämpfen nicht widerstanden hätten. - Warum
hat gleichwohl ein Marc Aurel, der Stoiker auf dem
Throne, vor solchem Prunk ablehnend gestanden,
wie vor einem Trug, der im Grunde nur Last und
Gefahr bedeutet? Er hatte begriffen, daß nur da
Menschenform und Kultur gegeben sind, wo das
Äußere, Sinnliche den Geist und das Gemüt nicht
erdrückt. Und gerade um ein Kulturmensch zu
bleiben, lebte er bedürfnislos. Kultur ist nicht eine
Frage der Verfeinerung, der uferlos auswuchernden

Zivilisation; und freilich ist sie ebensowenig gegeben
mit primitivem Lebenszuschnitt, der der Schönheit
ausweicht. Kultur ist allein eine Frage des Maßes,
jener Harmonie zwischen geistigen und sinnlichen
Werten, in der sich das Wesen des gesunden Men-
schen am vollkommensten ausdrückt. Im Prunk,
im Aufwand kann Kultur sich verirren wie in einem
finsteren Wald. Das ist im Laufe der Menschheits-
geschichte oft genug geschehen. Die alten iranischen
Völker der Meder und Perser stehen mit Zügen einer
hochkultivierten indogermanischen Rasse in den
ältesten Berichten; aber zu Xerxes' Zeiten sind diese
Züge, die Spuren der ehemaligen Krieger-Ethik und
der hohen Zarathustra-Lehre, fast völlig getilgt, und
in der üppigen Schwüle des orientalischen Harems
gehen die letzten Achämeniden zugrunde. Nicht das
zeigt Kultur an, daß dem Menschen ein verzweigter
Apparat für sein Wohlleben zur Verfügung steht,
sondern daß er sich ebenso nachdrücklich im Geist
wie in den Sinnen auslebt. In kultureller Hinsicht
besteht zwischen Geist und Luxus dieselbe Beziehung
wie in der Volkswirtschaft zwischen Arbeit und
Zahlungsmittel. Geld hat seine »Deckung« nur in der
lebendigen Arbeit eines Volkes; und ebenso kann die
gesteigerte Lebensform eines Volkes nur durch Werte
des Geistes und des Herzens gedeckt, ausgewogen
werden, sonst wird sie zum Verhängnis. - L W.M.
 
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