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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Dübbers-Richter, Ruth: Schöner Tisch und stummer Diener
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0379

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INNEN-DEKORATION

371

»KIRSCHBAUMTISCHCHEN MIT PORZELLAN-MOSAIKBELAG« TISCHENTWURF: PROF. KARL NOTHHELFER
MOSAIK -AUSFÜHRUNG: WERKSTÄTTE BERTHOLD MQLLER-BERLIN. AUFNAHME: EDGAR SCHRÖDER

Zeuge der nicht alltäglichen, der besonderen Stun-
den, die ein Hauch von Poesie umschwebt. Die Tee-
Plauderstunde am Kamin gehört dazu, auch die be-
taute, morgendliche, in der die Hüterin des Grünen
im Sonnenlicht ihre Blumen gießt. Dann aber wieder
steht er in fast feierlicher Gemesssenheit, wenn der
leicht erregte Flügelschlag der in die Schale flattern-
den Visitenkarten die Gratulanten anzeigt, die sich
nahen, um eine festliche Stunde im Hause zu begehen.

Diese kleinen Mosaiktische erfüllen nicht nur einen
praktischen Zweck. Zwar haben sie praktische Eigen-
schaften genug, wie zum Beispiel die Fähigkeit, Was-
ser abzustoßen oder nach seiner Beschmutzung wie-
der unter der energisch pflegenden Hand rein und in
alter Schönheit zu erglänzen. Nicht einmal Kaffee-
oder Rotweinflecken braucht ein solcher Tisch zu
scheuen: die Platte ist unverletzlich gegen Säure und
Hitze, ist hieb- und stichfest wie ein Panzer. Schon
aus diesen Gründen wird das Mosaiktischchen mit
Liebe in allen Häusern aufgenommen. Aber nicht nur
deshalb; auch wenn das Tischchen einmal allein
steht, erfüllt es eine Aufgabe: es ist schön anzusehen.

Wenn nun auf dem niedrigen, breitflächigen Blu-

mentisch ein Gewirr von Blättern und Ranken sich
ausbreitet, dann schimmert der mosaikene Unter-
grund geheimnisvoll hindurch. Auch ein Aquarium
kann reizend darauf stehen. Die Bewegung der Fisch-
chen wird anmutige Reflexe auf die Platte zaubern,
und gar, wenn die Sonne dazu scheint!

Manche lieben es, moderne mit antiken Möbel zu
vermischen, wenn ihnen nur allen die zeitlose Schön-
heit zu eigen ist. Ein wenig geschwungene Beine bei
beiden, das behagliche Insichruhen, das melodiöse
Schwingen der Formen - sie harmonieren. Schnitz-
werk, das wir am alten Stück bewundern, fehlt dem
neuen, doch die Bewegtheit, die dort aus dem ge-
schnitzten Ornament entsteht, kommt hier aus der
Platte. Ihre Fläche zeigt eine ähnliche Belebung wie
Wasser, in das man einen Stein geworfen hat und das
nun seine schütteren Kreise zieht. Ja, oft wirkt das
Mosaik in seinem matten Schimmer wie mondbe-
schienenes Wasser, etwas vibrierend, doch als eine
geschlossene Fläche, an der man sich nicht sattsehen
kann. Wasser, zu Porzellan erstarrt: eine Materie
von einem duftenden Reiz der Appetitlichkeit!

Dieses Porzellanmosaik ist ein anderes als das alte
 
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