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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 27.1913

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Lüppo-Camer, ...: Ueber das Haarsilber
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https://doi.org/10.11588/diglit.45029#0072

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Ueber das Haarsilber.

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Versuche mit, die sich erfolgreich mit der künstlichen Her-
stellung von Haarsilber aus Schwefelsilber durch Erhitzung
befaßten, woraus an dieser Stelle auch besonders inter-
essant zu erwähnen ist, daß Liversidge 1877 auch bei der
Reduktion von Chlorsilber durch Wasserstoff bei Tempera-
turen weit unter dem Schmelzpunkte des Silbers feine
Härchen von Silber erhielt. Friedrich und Leroux be-
obachteten 1906 bei der Untersuchung der Schmelze Silber-
Schwefelsilber die Bildung von Haarsilber. Sie erhitzten
Schliffe von Schwefelsilber, welche Kristalle von Silber
eingebettet enthielten, auf einem Eisenblech unter dem
Mikroskop und äußern sich über die Erscheinungen unter
anderem in folgender Weise: „Hier nun standen die Fäden
plötzlich wie aus dem Boden gewachsen da, ohne daß wir
etwa ein allmähliches Kommen beobachtet hätten. Stoß-
weise und wurmartig sich krümmend wuchsen sie beim
Fortschreiten der Erhitzung bei einem Durchmesser von
Bruchteilen eines Millimeters bis zu einem Millimeter, eine
Länge von einem Zentimeter und darüber erreichend/'
Schon Liversidge betont ausdrücklich, daß die Bildung
von Haarsilber auf dem Sulfid weit unter den Schmelz-
temperaturen beider Stoffe sich vollzog, nämlich bei
440 Grad, während Schwefelsilber bei etwa 800 Grad, Silber
bei 962 Grad schmilzt. Kohlschütter und Eydmann
erhielten im Wasserstoffstrom schon bei 280 Grad Silber-
pünktchen auf dem Sulfid, an denen sich bald Haare an-
setzen; erheblich höhere Temperaturen sind dem Auftreten
des Haarsilbers ungünstig. Auch beim bloßen langsamen
Erhitzen von trocknem Schwefelsilber in einem Porzellan-
tiegel über einer kleinen Flamme erhält man nach den ge-
nannten Forschern Flaarsilber, oft in den merkwürdigsten
Verschlingungen. Auch hier sind Temperaturen um 300 Grad
herum am günstigsten. Der Referent kann diesen schönen
und so einfachen Versuch zur Orientierung über die höchst
interessanten Erscheinungen nur warm empfehlen.
Es ist von besonderem Interesse, daß — ähnlich wie
die Bromexplosionshypothese zur Erklärung der Negativ-
silberform — auch zur Deutung der eigentümlichen Haar-
silberbildung mehrere ältere Forscher die Wirkung etwa
bei der Reduktion aufgesaugter Gase annehmen, deren
Expansionskraft im Augenblicke der Entstehung von Silber
das Metall herausdrücken soll, oder sie vermuten, daß von
Haus aus schon im Schwefelsilber okkludierte Gase das
Silber bei ihrem Entweichen mitnehmen. So sagt Münster:
„Das Silber wird gleichsam wie eine Rakete, die unter
 
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