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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0027
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III. DIETESHEIM

MkILIALDORF am Main, nordöstlich von Orlenbach, früher Duthelingsheim,
)

5? Duthelinsheim (1266), Ditinesheim, Dietesheim (1338), Didensheim

(1371) und Dydesheim (1425) genannt.

Die den hh. Sebastian und Wendelin geweihte katholische

Kirche

Filialkirche steht im Verbände zur Pfarrei Mühlheim und wurde um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts als einschiffiger Bau in bescheidenen Abmessungen und ein-
fachen Formen des Barockstyles errichtet. Die Sakristei, von einem Kreuzgewölbe
überspannt, legt sich in der Längenaxe der Kirche dem dreiseitigen Chorhaupt
an, welches gen West gerichtet, also nicht orientirt ist. Der Thurm, ein zwei-
geschossiger sogenannter Dachreiter, ist bekrönt mit einem formenschönen schmiede-
eisernen Kreuz im Geschmack einer Zeit, welche bei all ihrer sonstigen Formen-
willkür es verstand, durch dergleichen kunstgewerblichen Schmuck ihre Architek-
turen von dem Eindruck lastender Schwere zu befreien und deren Bedachungs-
masse frei ausklingen zu lassen. Ueber dem im Stichbogen gewölbten Portal mit
der Jahreszahl 17 51 auf dem Thürsturz steht in einer Nische eine von Strahlen
umgebene Madonnenstatue, welche hinsichtlich der Richtigkeit der Körperverhält-
nisse zu wünschen übrig lässt, dagegen in der Meisselführung günstig wirkt und
in dem gebrochenen Faltenwurf der Gewandung einen Nachklang spätgothischer
Formenmotive verräth.

Das Innere der Kirche ist flach eingedeckt. Der Altar stimmt mit dem Styl Alta
des Gebäudes überein. Von den beiden flankirenden Säulenpaaren, mit korinthischen
Kapitälen auf Basamenten mit Engelköpfen, sind die äusseren Säulen spiralförmig
gewunden, während die inneren Stämme glatt gehalten sind. Auch die Säulen
des Tabernakels folgen im Schaft der Spirale und tragen korinthische Kapitäle.

In den Interkolumnien der grösseren Säulenpaare stehen nahezu lebensgrosse Sku'pt'
Statuen der Himmelskönigin Maria und des h. Joseph, meisselfertig gearbeitete
Werke der Holzbildnerei, obschon behaftet mit allen Anzeichen der über die
plastische Ruhe weit hinausschweifenden, das Affektvolle im Uebermass betonenden
Kunst des Rococo. Die Mitte des Altares nimmt ein Oelgemälde ein, eine kunstlose
 
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