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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 25.1909-1910

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Katsch, Hermann: Meine Erinnerungen an Karl Stauffer-Bern, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12502#0031

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fi MEINE ERINNERUNGEN AN STAUFFER-BERN y\

\< Stechermanier einen Kopf auszupimpeln. „Sie menhang zwischen den Lernenden und den Ü

r) wollen mich wohl verhöhnen als Kupfer- schon im Leben Stehenden ist mit die /)

>^ stecherla?" Mit Feuer und Schwefel ging es Quelle des frischen Künstlerlebens und des ^?

\A über eine derartige Arbeit her. Aber eins — Hochschulcharakters der Münchener Aka- (<

fs sehen — lernten wir bei ihm. Es mag ja eine demie. Ich erinnere mich, wie der entzückte P

/) Anlage dazu nötig sein, aber er schärfte das Stauffer mich in die Diez-Schule holte, einen \

so schwer auszubildende Auge ungemein und malerisch dunklen Raum mit sehr konzen- M

unablässig, und nächst Heinrich Brunn, der trierter Lichtwirkung, raffiniert hergestellten ß

n für mein Erinnern die feinsten Augen hatte, Hintergründen und mit unzähligen, dicht ge- V)

M verdanke ich Raab die Freude am Beobachten, stellten Staffeleien. Ja, das war allerdings N

W die Trainierung des Auges dafür. Ich glaube, für uns alle was Neues. So ein frisches Hin- (4

r) daß man jetzt verstehen wird, wie es Stauffer buttern eines Kopfes und einer Hand hatte ft

y) begegnen konnte — in seiner besten Zeit — noch nie jemand fertig gebracht, die Sachen >\

^ vierzehn Tage lang lediglich an dem Mund des waren so flott wie von Franz Hals, nur leuch- m

(< alten Leibarztes des ersten Kaisers, Exzellenz tender und frischer. Nach Jahren, wohl nach A

V) von Lauer, zu malen, um dann doch noch zwanzig Jahren, sah ich einige dieser Arbeiten, K)

alles wieder abzukratzen. Stauffers sehr stark so das Porträt des Malers Becker, wieder. Ich U

I

ausgebildeter Sinn für eine durchgeführte Mo- wurde ganz traurig, denn nicht Erdtelts Kunst

dellierung lag stets im Kampf mit der farbigen war dran schuld oder mein Alterwerden, daß /;

Darstellung und, was ihn über die Schwie- die Sachen mir nicht mehr so gefielen. Ich

rigkeiten herausgeführt hätte, die Auffassung, habe ein zu gutes Gedächtnis und konnte mich ^1

war ja gerade das, was bei Raab gelitten hatte, an Einzelheiten des Tons genau erinnern. Das O

was meiner Meinung nach in allen Stauffer- Material, mit dem wir arbeiteten, diese mit K)

sehen Arbeiten fehlt, bis auf das Porträt Max Wachs und Paraffin und sonstigen Stoffen ver-

ü Kleins. Raab hatte, als er die Geschichte von setzten Oelfarben hatten die feinen Nuancen (l

9 dem frechen Akademiker, der in der Tracht durchtränkt und den Reiz der unbeschreiblich Ö

^ eines lüderlichen Weibsstücks einen Kürassier frischen und schönen Arbeiten zerstört. Nun, ^

U um Feuer angesprochen hatte, im „Freien damals gab es alle Augenblicke eine neue Sen- (4

Landesboten" las, feier- sation: „Keo, komm nur

K) lieh erklärt: wenn der mal den neuen Erdtelt

Lump in seiner Klasse anschauen! Der hat M

(l wäre, würde er ihn heut die Backe von A

£) eigenhändig hinauswer- ' einem jungen Mädchen K)

n fen. Stauffer zog seinen gemalt mit Kremser-

G dicken Kopf tief zwi- weiß, etwas Elfenbein- (<

« sehen die Schultern, da- schwarz und Zinnober Ö

y) mit der Alte das verra- (ich erinnere mich ge- \

N tende Rot an seinem rade dieser Zusammen- M

(l Schädel nicht sähe. Er Stellung, als sei es ge- ß

Jr) hätte es ja doch nicht stern gewesen), das

K getan, Stauffer war sein mußt du anschauen!" ^

{i Bester, und alle hatten <' War das eine schöne (<

f) ihn gern. Zum Herbst Zeit! An nichts hing W

t) kam er in die Diez- man so, als daran, et- ^

^ Schule, deren Leuchte Wf was recht schön „raus- 0

(i damals Aloys Erdtelt zukriegen". Der Win- ß

w war, ein Schlesier, ein ter brachte dann die 1)

lebhaft aus großen Ereignisse, die uns fe-

(l blauen Augen blicken- ster zusammenschlos- u

a der fleißiger und sehr sen. Kurz vor oder nach W

t) geschickter Maler. Er Weihnachten traten die K

w lenkte damals schon die Akademiker zusam- M

ü Aufmerksamkeit der men, um die maskierte dj

längst selbständigen Kneipe fürden Fasching

« Künstler auf sich. Der "' \'orzubereiten. N

f) ^Ullsllc; aul G. SEGANTINI DIE LIEBENDEN

intime innere Zusam- Zeichnung <maloja is95) (Schluß folgt im Novemberheft)

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