fi MEINE ERINNERUNGEN AN STAUFFER-BERN y\
\< Stechermanier einen Kopf auszupimpeln. „Sie menhang zwischen den Lernenden und den Ü
r) wollen mich wohl verhöhnen als Kupfer- schon im Leben Stehenden ist mit die /)
>^ stecherla?" Mit Feuer und Schwefel ging es Quelle des frischen Künstlerlebens und des ^?
\A über eine derartige Arbeit her. Aber eins — Hochschulcharakters der Münchener Aka- (<
fs sehen — lernten wir bei ihm. Es mag ja eine demie. Ich erinnere mich, wie der entzückte P
/) Anlage dazu nötig sein, aber er schärfte das Stauffer mich in die Diez-Schule holte, einen \
so schwer auszubildende Auge ungemein und malerisch dunklen Raum mit sehr konzen- M
unablässig, und nächst Heinrich Brunn, der trierter Lichtwirkung, raffiniert hergestellten ß
n für mein Erinnern die feinsten Augen hatte, Hintergründen und mit unzähligen, dicht ge- V)
M verdanke ich Raab die Freude am Beobachten, stellten Staffeleien. Ja, das war allerdings N
W die Trainierung des Auges dafür. Ich glaube, für uns alle was Neues. So ein frisches Hin- (4
r) daß man jetzt verstehen wird, wie es Stauffer buttern eines Kopfes und einer Hand hatte ft
y) begegnen konnte — in seiner besten Zeit — noch nie jemand fertig gebracht, die Sachen >\
^ vierzehn Tage lang lediglich an dem Mund des waren so flott wie von Franz Hals, nur leuch- m
(< alten Leibarztes des ersten Kaisers, Exzellenz tender und frischer. Nach Jahren, wohl nach A
V) von Lauer, zu malen, um dann doch noch zwanzig Jahren, sah ich einige dieser Arbeiten, K)
alles wieder abzukratzen. Stauffers sehr stark so das Porträt des Malers Becker, wieder. Ich U
I
ausgebildeter Sinn für eine durchgeführte Mo- wurde ganz traurig, denn nicht Erdtelts Kunst
dellierung lag stets im Kampf mit der farbigen war dran schuld oder mein Alterwerden, daß /;
Darstellung und, was ihn über die Schwie- die Sachen mir nicht mehr so gefielen. Ich
rigkeiten herausgeführt hätte, die Auffassung, habe ein zu gutes Gedächtnis und konnte mich ^1
war ja gerade das, was bei Raab gelitten hatte, an Einzelheiten des Tons genau erinnern. Das O
was meiner Meinung nach in allen Stauffer- Material, mit dem wir arbeiteten, diese mit K)
sehen Arbeiten fehlt, bis auf das Porträt Max Wachs und Paraffin und sonstigen Stoffen ver-
ü Kleins. Raab hatte, als er die Geschichte von setzten Oelfarben hatten die feinen Nuancen (l
9 dem frechen Akademiker, der in der Tracht durchtränkt und den Reiz der unbeschreiblich Ö
^ eines lüderlichen Weibsstücks einen Kürassier frischen und schönen Arbeiten zerstört. Nun, ^
U um Feuer angesprochen hatte, im „Freien damals gab es alle Augenblicke eine neue Sen- (4
Landesboten" las, feier- sation: „Keo, komm nur
K) lieh erklärt: wenn der mal den neuen Erdtelt
Lump in seiner Klasse anschauen! Der hat M
(l wäre, würde er ihn heut die Backe von A
£) eigenhändig hinauswer- ' einem jungen Mädchen K)
n fen. Stauffer zog seinen gemalt mit Kremser-
G dicken Kopf tief zwi- weiß, etwas Elfenbein- (<
« sehen die Schultern, da- schwarz und Zinnober Ö
y) mit der Alte das verra- (ich erinnere mich ge- \
N tende Rot an seinem rade dieser Zusammen- M
(l Schädel nicht sähe. Er Stellung, als sei es ge- ß
Jr) hätte es ja doch nicht stern gewesen), das
K getan, Stauffer war sein mußt du anschauen!" ^
{i Bester, und alle hatten <' War das eine schöne (<
f) ihn gern. Zum Herbst Zeit! An nichts hing W
t) kam er in die Diez- man so, als daran, et- ^
^ Schule, deren Leuchte Wf was recht schön „raus- 0
(i damals Aloys Erdtelt zukriegen". Der Win- ß
w war, ein Schlesier, ein ter brachte dann die 1)
lebhaft aus großen Ereignisse, die uns fe-
(l blauen Augen blicken- ster zusammenschlos- u
a der fleißiger und sehr sen. Kurz vor oder nach W
t) geschickter Maler. Er Weihnachten traten die K
w lenkte damals schon die Akademiker zusam- M
ü Aufmerksamkeit der men, um die maskierte dj
längst selbständigen Kneipe fürden Fasching
« Künstler auf sich. Der "' \'orzubereiten. N
f) ^Ullsllc; aul G. SEGANTINI DIE LIEBENDEN
intime innere Zusam- Zeichnung <maloja is95) (Schluß folgt im Novemberheft)
IS
\< Stechermanier einen Kopf auszupimpeln. „Sie menhang zwischen den Lernenden und den Ü
r) wollen mich wohl verhöhnen als Kupfer- schon im Leben Stehenden ist mit die /)
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\A über eine derartige Arbeit her. Aber eins — Hochschulcharakters der Münchener Aka- (<
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unablässig, und nächst Heinrich Brunn, der trierter Lichtwirkung, raffiniert hergestellten ß
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M verdanke ich Raab die Freude am Beobachten, stellten Staffeleien. Ja, das war allerdings N
W die Trainierung des Auges dafür. Ich glaube, für uns alle was Neues. So ein frisches Hin- (4
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^ vierzehn Tage lang lediglich an dem Mund des waren so flott wie von Franz Hals, nur leuch- m
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ausgebildeter Sinn für eine durchgeführte Mo- wurde ganz traurig, denn nicht Erdtelts Kunst
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war ja gerade das, was bei Raab gelitten hatte, an Einzelheiten des Tons genau erinnern. Das O
was meiner Meinung nach in allen Stauffer- Material, mit dem wir arbeiteten, diese mit K)
sehen Arbeiten fehlt, bis auf das Porträt Max Wachs und Paraffin und sonstigen Stoffen ver-
ü Kleins. Raab hatte, als er die Geschichte von setzten Oelfarben hatten die feinen Nuancen (l
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^ eines lüderlichen Weibsstücks einen Kürassier frischen und schönen Arbeiten zerstört. Nun, ^
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G dicken Kopf tief zwi- weiß, etwas Elfenbein- (<
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N tende Rot an seinem rade dieser Zusammen- M
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{i Bester, und alle hatten <' War das eine schöne (<
f) ihn gern. Zum Herbst Zeit! An nichts hing W
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^ Schule, deren Leuchte Wf was recht schön „raus- 0
(i damals Aloys Erdtelt zukriegen". Der Win- ß
w war, ein Schlesier, ein ter brachte dann die 1)
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(l blauen Augen blicken- ster zusammenschlos- u
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intime innere Zusam- Zeichnung <maloja is95) (Schluß folgt im Novemberheft)
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