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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 25.1909-1910

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Clemen, Paul: Augustus Saint-Gaudens, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12502#0309

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AUGUSTUS SAINT-GAUDENS

er unter ihnen seinen Lebensrest ver-
bracht hatte, in Newyork auch 71 jährig
gestorben war. Sein Denkmal, das erst
zwölf Jahre nach seinem Tode aufgestellt
ward (auf der panamerikanischen Aus-
stellung in Buffalo hatte es vorher auf
niedrigem Sockel gerade gegenüber dem
Kunstpalast gestanden), erscheint wie
ein letztes zusammenfassendes Sieges-
denkmal dieser ganzen glorreichen Epo-
che des blutigen Bürgerkrieges, aus dem
das neue Amerika herausgewachsen war.
Auch hier wieder wie bei dem Shaw-
Memorial das merkwürdige Vorwärts-
drängen des Reiters, ähnlich wie bei dem
Colleoni, nur daß dieses Pferd nichts von
der schweren Massigkeit des Schlacht-
rosses des venetianischen Condottiere
an sich hat.

Das Denkmal zeigt alle Vorzüge von
Saint-Gaudens letztem Stile — das Kon-
zentrierte im Ausdruck, das Durch-
tränktsein der ganzen Figur mit Leben.
Roß und Reiter sind beide von dem
gleichen Temperament erfüllt. — Dies
Denkmal gibt ein wunderbares Bild von
dem alten nervösen ruhelosen General,
j.b.greuze der Kupferstecher wille der zurückgewehte Mantel mit dem flie-

genden Pferdeschweif zusammen ver-
Geländer, die Unterschrift, die Inschrift der vollständigt den Eindruck des rasch gegen den
Rückseite mit dem stilisierten Adler in einem Wind Vorwärtseilenden. Der Kopf mit dem
bändergeschmückten Lorbeerkranz. Etwas wirren, aufstehenden Haar und dem dünnen
schwächlich, wie eine Reminiszenz aus einem stoppeligen Kinnbart, den kühnen Augen von
anderen Entwurf, ist der lange hagere Genius sprühender Lebendigkeit — hier wenigstens
des Ruhmes, der über der todgeweihten Schar bei seinem größten letzten Werk konnte der
einherfliegt. Aber auch diese unmittelbare Künstler zugleich ein Bildnis zugrunde legen :
Verbindung der Allegorie mit einer realisti- er hatte seine Büste noch bei Lebzeiten mo-
schen Darstellung ist typisch amerikanisch deliiert (jetzt in der Akademie zu Philadelphia),
wie das ganze Monument mit seinem ergrei- Und etwas ganz Besonderes, Glückliches,
fenden Schicksalsernst. Feines ist der Genius des Ruhmes, der dem

Im Jahre 1903 endlich ist das letzte große Reiter vorauszieht. Diese Bewegung des An-
Denkmal vonSaint-Gaudens aufgestellt worden, kündigenden, die Aufgabe des Platzmachens
in den Maßen wie in der Größe der künst- gibt ihm auch den Platz vor dem Roß — so
lerischen Konzeption sein bedeutendstes Mo- bleibt dies selbst unüberschritten.
nument, das Denkmal des Generals Sherman Der stolze Pferdekopf ist durch ein kur-
in Newyork (Abb. S. 257). Am Eingang des zes Anrücken der Zügel seitens des Reiters
Centrai-Park steht es jetzt auf hohem Sockel hochgenommen und dem von der anderen
— der dem vergoldeten Reiter voraneilende Seite sich nähernden Beschauer erscheint
Genius des Ruhmes weist die ganze lange nicht plötzlich unter dem Pferdebauch ein
Fünfte Avenue hinunter, downtown, nach der unverständliches aufgebauschtes Gewand wie
Spitze des Manhattan Island. bei den bekannten Kaiserdenkmälern von

Den Sieger von Atlanta, den Bändiger des Begas in Berlin, von Hundrieser in Koblenz.
Südens, der fast 20 Jahre hindurch der Höchst- Und man verfolge, wie wundervoll geschlossen
kommandierende der Armee der Vereinigten und bestimmt nun die ganze Silhouette ist:
Staaten gewesen, hatten die Newyorker immer die Sockelkontur fließt in die Körperlinie des
ganz besonders als den Ihren angesehen, weil Genius über, der breite Pferdekopf führt zu

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