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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 25.1909-1910

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal-Nachrichten
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VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN

lungsräume im Erdgeschoß der alten
Villa gegenüber der Eichhornstraße, die
mitten unter den großen Bauten der be-
lebten Geschäftsstraße wie eine Erin-
nerung an frühere Zeiten, an die Zeiten,
von denen Rahel Varnhagen erzählt, da
man noch vor das Potsdamer Tor ging,
um Blumen zu pflücken, stehen geblie-
ben ist. Die Eröffnungsausstellung mit
den Belgiern Armand Apol und Vic-
tor Gilsoul und dem >Neo quattro-
centisten< Friedrich Stahl weicht
nicht von der gewohnten Art des alten
Casperschen Salons ab.

Auch Keller & Reinerhat\n sein neues
Heim manches mit herübergenommen,
was den Umzug nicht hätte mitmachen
dürfen, wenn in dem neuen Hause auch
ein neuer Geist sich zeigen sollte. Denn
in der Kunst Carl Max Rebels sucht
man vergeblich nach den besonderen
Qualitäten, die die nun in jedem Jahre
wieder erscheinenden Kollektivausstel-
lungen rechtfertigen könnten. Auch
Stefan Sinding ist wohl stark über-
schätzt worden. Jedenfalls ist seine
bronzene Walküre eine bedenkliche Ent-
gleisung. Es ist schon ein harter Vor- Rudolf nissl bildnis von Professor sch.-z.

r j n j* t-» j i j« j i_ Frahmhrausstellune der Münchner Secession

wurf, daß diese Rundplastik, die doch
nicht anders als im Freien und womög-
lich auf einer Anhöhe aufgestellt zu denken ist, nur Es ist ein Wind von außen, der Haare und Mantel
eine einzige mögliche Ansicht besitzt, während alle vor sich hintreibt, aber man glaubt ihn nicht, denn
anderen Seiten die häßlichsten Zufallsbilder geben. die Komposition selbst muß jenen Bewegungsimpuls
Aber auch von dem Sturmwind, der diese kriege- tragen, aus der die Darstellung ihr Leben zieht,
rische Jungfrau auf ihrem Schlachtroß dahintragen Eine große Ueberraschung bringt die Ausstellung
soll, ist in der Gruppe in Wahrheit nichts zu spüren. bei Gurlitt in den Zeichnungen von Max Mayrs-

hofer, die zum ersten Male hier gezeigt wer-
den. Diese Zeichnungen dürfen nur mit dem
besten verglichen werden, was die moderne
Kunst aufzuweisen hat. Die wundervollen Kom-
positionen nackter Frauengestalten übertreffen
Bonnard, die phantastischen Karikaturen kön-
nen nur an Rudolf Wilke gemessen werden,
und die ungeheuer suggestiven Darstellungen
von Volksmassen sind ganz ohne Vorgang.
Nur in der Landschaft wird man Liebermann
unbedingt den Vorrang zugestehen. Was aber
so sehr überrascht, ist die außerordentliche
Vielseitigkeit und die Abgeschlossenheit, mit
der da ein Künstler, von dem man bisher kaum
noch den Namen kannte, vor uns hintritt. Es
ist eine Sicherheit der Formbeherrschung in
diesen Zeichnungen, die eine wahrhaft eiserne
Hand voraussetzt. Ein unermüdliches Studium
ist überall als die feste Grundlage zu spüren.
Aber diese Zeichnungen selbst sind nicht mehr
Studien, sie sind fertige Resultate, Komposi-
tionen, die einer Phantasie, einem Bilder sehen-
den Gehirn entsprossen sind. Und doch können
diese Zeichnungen nicht das letzte sein, was der
Künstler uns zu geben hat. Blätter wie die be-
kleideten und unbekleideten Frauen unter son-
nendurchleuchteten Bäumen sind so ganz auf
farbigen Tonreichtum gestellt, daß sie nach Um-
setzung ins materiell Farbige geradezu zu ver-
langen scheinen. Ein Mann, der es so ernst
mit seiner Kunst nimmt, wie Mayrshofer es
tut, wird sich nicht leicht zu diesem Schritt
paul roloff bücherwürmchen entschließen und wird gewiß Bilder erst zeigen,

Frähjahraussteiiung der Münchner Secession wenn er ebenso reife und fertige Leistungen

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