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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 25.1909-1910

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Clemen, Paul: Die Ausstellung amerikanischer Kunst in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.12502#0397

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DIE AUSSTELLUNG AMERIKANISCHER KUNST IN BERLIN

in die imperialistische Forderung: „Die ganze nische Malerei Revue passieren zu lassen und
Welt der amerikanischen Kunst"?—Bis dahin an sie den Maßstab der großen europäischen
hat es nun freilich noch gute Weile. Kunst anzulegen.

In diesem Expansionsbestreben der ameri- Die Berliner Ausstellung ist veranstaltet
kanischen Kunst erscheint die Ausstellung, von der Akademie der Künste — sie ist aber
die Mitte März in den Räumen der König- das Werk des Newyorker Kunstfreundes und
liehen Akademie der Künste in Berlin feier- Mäcens Hugo Reisinger, der den deutschen
lieh durch den deutschen Kronprinzen eröff- Künstlern als Begründer und glücklicher Be-
net ist, und die von dort nach München wan- sitzer der reichsten und vollständigsten Samm-
dern soll, als Dokument von vielseitiger Be- lung deutscher Bilder in Amerika bekannt ist,
deutung. Man kann diese Ausstellung ameri- der im vergangenen Jahre die Wanderaus-
kanischer Malerei ruhig mit jenen beiden Stellung deutscher Kunst in Amerika einge-
älteren Vorführungen amerikanischer Kunst leitet und ermöglicht hat. Als Antwort auf jene
in Paris messen; an Umfang und Bedeutung Ausstellung von erlesenen Werken der deut-
ist sie nicht geringer. Was an geschlossenen sehen Alalerei, die jetzt vor Jahresfrist hinter-
Gruppen von amerikanischen Gemälden im einander in Newyork, Boston und Chicago
letzten Jahrzehnt sonst in Europa zu sehen gezeigt wurde, erscheint diese amerikanische
war, war viel zu dürftig und zu einseitig aus- Ausstellung in Deutschland. Sie stellt zugleich
gewählt, so der amerikanische Saal auf der etwas wie eine politische Aktion dar — bei
vorjährigen internationalen Ausstellung in Ve- der Eröffnungsvorfeier ist dieser diplomati-
nedig. In Pausen von je einem Jahrzehnt wird sehen Seite der amerikanischen Kunstschau
uns die Gelegenheit gegeben, die amerika- laut Ausdruck gegeben worden — und auch

die Aufnahme in der Oeffentlichkeit
wurde geleitet von diesem Gefühl,
daß Deutschland seinen Gästen gegen-
über die Pflichten internationaler
Courtoisie zu erfüllen habe.

Würdig und in vornehmer repräsen-
tativer Aufmachung tritt diese Aus-
stellung auf. Die Akademie hat sie
mit feinem und sicherem Geschmack
in ihren großen Sälen placiert. Sie
gibt ein fast erschöpfendes Bild der
ganzen Entwicklung der amerikani-
schen Malerei in den letzten 50 Jah-
ren — und es ist das große Verdienst
des amerikanischen Sammlers, daß er
so umsichtig und gewissenhaft seines
Amtes gewaltet, uns im engen Rahmen
ein Bild der gesamten amerikanischen
Kunstgeschichte geboten hat. Ein
paar große amerikanische Sammler
und vor allem die öffentlichen Gale-
rien in Newyork, Washington, Boston,
Philadelphia, Cincinnati haben ihre
besten Schätze beigesteuert. Man
könnte diese Ausstellung als ein Pa-
radigma ansehen, an dem die ganze
Evolution der amerikanischen Malerei
abgewandelt werden kann. Wenn man
die vortrefflichen Bücher der Ge-
schichtsschreiberder offiziellen ameri-
kanischen Malerei des letzten halben
Jahrhunderts von Samuel Isham und
Charles Caffin neu illustrieren wollte,
Ausstellung amerikanischer Kunst i„ Berlin fände man nirgendwo bessere Doku-

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