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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Busch, Harald: Friedrich Wasmann, der Nazarener
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0120

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Friedrich Wasmann. Blick ins Etschtal

Museum für Kunst und Landesgeschichte, Hannover

wunderbar farbsensiblen Landschaftsskizzen sicii
ausströmte, aber auch ungestaltet zu verströmen
Gefahr lief — in feste Zucht genommen, hatte sich
gezwungen, nicht nur das Flüchtige visuell zu
empfinden und malend zu bannen, sondern das
Seiende zu off enbaren, Ausdruck zu geben dem Gül-
tigen, das in aller Natur — ob Mensch, ob Land-
schaft oder Tier — ihm entgegentrat. Unerbittlich
konnte dieser Wasmann sein in der Strenge zur Ob-
jektivität vor den Dingen: unerbittlich in dem Be-
mühen um Sparsamkeit der Mittel zeichnerischen
und malerischen Aufwandes: unerbittlich in ge-
radezu überpersönlichem Vortrag; so voll tiefer Er-
griffenheit vor dem Wunder des Lebens, vor aller
Natur als der Schöpfung, dem Schauplatz und der
Gestaltwerdung Gottes.

So wurde der biedermeierlich ..sachliche"" Wasmann
endlich entdeckt. Die Neuerwerbungen, die in die-
ser Zeit Gustav Pauli für die Hamburger Kunst-
halle vornahm, versuchten diesen zweiten neben
den ersten YVasmann und so das Bild richtigzustel-
len, das die vorige Generation allzu einseitig durch
ihre eigne Brille betrachtet hatte.
Daß aber der eigentliche Wasmann immer noch auf
seine künstlerische Auferstehung wartete, hätte
man damals schon erkennen müssen; denn man be-
saß z. B. in der Hamburger Kunsthalle einige

Werke, die wiederum ganz anders schienen als jene:
voller Gemüt und Phantasie im Erzählen und —
Komponieren. Doch diesem Wasmann vermochte
man nicht gerecht zu werden, solange man ihn —
noch immer befangen in den rein aufs Malerische
gerichteten Anschauungen des Impressionismus —
als zu hart in der Malerei und als außerdem noch
dazu gefühlvoll ablehnte! Wasmann. erklärte man,
hätte durch seinen Übertritt zum römischen Glau-
ben die Frische und Weichheit des malerischen
Empfindens — die man in seinen ,,vorimpressioni-
stischen'" Skizzen immer noch viel zu sehr als be-
reits Kunstwerke bewertete — eingebüßt und sei
verspießert. Man schätzte diesen wie man meinte
späten Wasmann so wenig, daß man die entspre-
chenden Bilder biedermeierlichen Genres, nazareni-
scher Kompositionen, möglichst gar nicht ausstellte.
Immer noch war Wasmann nicht voll entdeckt.
Aus den Selbstzeugnissen des Künstlers geht her-
vor, daß er gerade und nur um diese Werke immer
gerungen hat; gar nicht erst im Alter, sondern sein
ganzes Leben lang. Sie allein dünkten ihn sein Ma-
len überhaupt zu rechtfertigen. Sind sie nicht da-
durch schon wert, daß wir endlich auch sie einmal
näher betrachten?

Das Auftauchen der nazarenischen Landschaft
„Abend in Tirol", die wir 1954 für die Hamburger

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