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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1886

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Heft 3/4
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Entwicklung der Glas-Malerei in der Schweiz, [2]: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbeverein zu München am 17. März 1885
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https://doi.org/10.11588/diglit.6901#0025

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Die LntwiLklM öer KlMslerei in Der

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Doi'ttag, gehalten im bayer. Uunstgewerbcverein zu München am s7. März s885 von D. L. V. Wcrlepscl).

(Schluß.)

^IR haben in den vorhin erwähnten Glasge-
mälden von Staufberg bei Lenzburg bereits
ein theilweifes Verlassen der alten Gepflogen-
heit wahrgenommen und können deßhalb die
genannte Suite als das Bindeglied mit dem sä. Jahrhundert
bezeichnen. Natürlicher Meise ergoß sich nicht der Strom der
neuen Errungenschaften mit einem Male in ein anderes Bett,
sondern wir finden neben allerlei, auf dem Grunde verbesserten
Könnens Gewordenem, auch wieder Schöpfungen, die nur
stellenweise von den neuen Fortschritten Gebrauch machen,
stis diese sich unwiderstehlich überall hineindrängen und im
ganzen Gebiete der Technik und der Anschauung ihre bserr-
schaft geltend machen.

Ich will nicht auf alle Spezialitäten der noch ziemlich
reichhaltig vertretenen Ueberreste dieses Jahrhunderts ein-
gehen, sondern nur ein paar charakteristische Beispiele her-
ausnehmen, und da ist denn vor allen Dingen neben einem
Zyklus in der Pfarrkirche zu Biel der Schmuck mit far-
bigen Scheiben im Münster zu Bern zu erwähnen, in
dem das Prinzip des freien Aufbaues schon durchaus durch-
geführt ist. Sieben Fenster des Ehores sind völlig intakt
erhalten und weisen die Jahreszahlen J[^0, fH60, ^75
auf, lauter Daten, die so recht eigentlich in die Blüthezeit
der Späthgothik hineingehören.

Eine feste Gliederung, d. h. ein nach den Gesetzen der
Symmetrie geregelter Ausbau ist hier nirgends mehr zu
stnden. Sämmtliche Darstellungen heben sich von eineni
blauen Grunde ab; weiß ist in reichem Maße verwendet.
Die gemalten Architekturen der Scheiben versuchen hier nicht
mehr als Dessin, als Muster und Umrahmung im plani-
metrischen Sinne aufzutreten, nein, sie sind wie wirkliche Stein-
gewölbe, Tabernakel, Strebepfeiler behandelt und zwischen
ihnen hindurch sieht man in landschaftliche Hintergründe
hinaus, die eine perspektivische Wirkung zu erzielen suchen. Die-
selbe Hinneigung zum Realismus bekunden auch die Figuren.
Die Schächer z. B., welche vom Haufe Pilati weggeführt
werden zur Richtstätte, werden von den Schergen gestoßen
und mit peitschen gehauen; sie suchen diesen Mißhand,
iungen durch Ausweichen mit dem Aörper zu entgehen und
ducken sich. Ebenso leidenschaftlich ist der Vorgang der Areu-
Zigung selbst ausgefaßt, in dem sich der Aontrast zwischen
den Gekreuzigten und den unten Stehenden oder Anieenden


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Nr. *3.

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kes Aunstgewerbe-Vereins München.

1886. Heft 3 8c % (8g. 0-
 
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