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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1886

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Heft 11/12
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Haushofer, Max: Der Dilettantismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.6901#0089

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Kopfleiste, entworfen und gezeichnet von lt>, Niels.

Her Htlettsnlismus.

von vr. /Iidax Dausboker.

»er den Dilettantismus ernsthaft studiren will,
> findet wenig Literatur. In den Büchern über
Aesthetik und Aunstgeschichte ist wohl manches
Erklärende zu finden; aber zerstreut, nicht als
Ganzes, und oft selbst wieder der Erklärung bedürftig.

Das Beste, was über Dilettantismus geschrieben wurde,
W von Göthe, ein Aufsatz am Schlüße des Zf. Bandes,
^on diesem Aufsatze sind aber nur einzelne Lätze ausgeführt;

Jlteiffe find bloße Lchlagworte. Die Abhandlung ist
höchst lehrreich; eine wahre Schatzkammer von Ideen, im
*e^ten Jahre des vorigen Jahrhunderts geschrieben und
schließt sich auch vielfach an die Litten des vorigen Jahr-
hunderts an. Lie zeigt, in wie hohem Grade der Dilettantis-
mus vom Wechsel der Mode abhängt, wie manche Arten
^ Dilettantismus vollständig aus der Mode kommen.
Aeine Zeit mit Aleinigkeiten vertrödeln — es ist ein
schöner Grundsatz. Aber seine Anwendung fordert doch
e,n gewisses Maß. Denn wenn wir alle Aleinigkeiten
von uns abweisen, mit welchen wir Zeit vertrödeln können,
^unn weisen wir auch die kleinen Freuden des Lebens von
ab. Die großen Freuden, die wirklichen Lonnenblicke
öes Glücks, stellen sich so selten ein, daß man die kleinen
Freuden wohl zu fjilfe nehmen muß, um sich den Aampf
^ur's Dasein erträglich zu machen.

Zu den kleinen Freuden des Daseins gehören aber
uuch jene^ welche der Dilettantismus uns bereitet.

Bekanntlich nennen wir einen Dilettanten denjenigen,
^rlchex jU feinem Vergnügen eine Thätigkeit betreibt, die
Anderen als berufsmäßige Arbeit ausgeübt wird. Das
^ ganz im Allgemeinen der Begriff des Dilettantismus,
'llber wir müssen auf seine charakteristischen Merkmale doch
^^ch etwas genauer eingehen.

Warum beschäftigt sich eigentlich der Dilettant? pflicht-
2rfühl ist es nicht, was ihn antreibt; denn er hat keine

Verpflichtung zu seiner dilettantischen Thätigkeit. Erwerbs-
trieb ist es auch nicht; denn sobald der Dilettant anfängt, einen
regelmäßigen Erwerb aus seiner Thätigkeit zu ziehen, hört er
auf, Dilettant zu sein. Also warum arbeitet er denn?

Der Dilettant arbeitet, um etwas zu thun, um unter
seinen fänden irgend Etwas entstehen zu lassen, das Gestalt
und Wirkung hat, an dem er sich erfreut. Aber dieser
Beweggrund kann ja auch den wirklichen Berufsarbeiter
leiten. Ein Aünstler, der Vermögen genug besitzt, um von
seinen Renten zu leben, der aber deshalb doch nicht aufhört,
zu schaffen — ist er darum ein Dilettant? Gewiß nicht.
Zwischen einem solchen Aünstler und einem Dilettanten
besteht noch ein sehr fühlbarer Unterschied. Denn der
Dilettant verfolgt nie die höchsten Ziele und geht nicht an
das Lchwerste, an das Mühsamste einer Arbeit heran.

Auf den, Gebiete wissenschaftlicher Thätigkeit oder auf
dein des Handwerkes ist es nicht schwer, den wirklichen
Berufsarbeiter vom Dilettanten zu unterscheiden. Lehr schwer
wird aber diese Unterscheidung auf dem Gebiete der Aunst.

Es gibt nämlich nicht blos ein einziges Merkmal,
welches den Dilettanten vom Aünstler unterscheidet, sondern
mehrere, aus welche zun: Theil schon hingedeutet wurde.

Das wichtigste Merkmal ist unstreitig die Lchulung.
Der Aünstler macht die ganze Ltrenge der Lchule durch;
er beginnt mit den Anfängen, wird sich nach und nach
deutlich aller Fehler bewußt, welche gemacht werden können und
vermieden werden müssen und erlernt alle jene technischen Fertig-
keiten, welche man haben muß, um auch das technisch Lchwie-
rigste zu bewältigen. Der Dilettant kasteit sich dagegen nicht mit
jahrelanger methodischer Ausbildung, sondern er möchte Alles
auf die leichteste und flüchtigste Art lernen, um so rasch als
möglich an die Ausführung seiner Ideen gehen zu können.

Aber so wichtig das Merkmal einer strengen Lchulung
ist, so ist es doch nicht das allein entscheidende. Es gibt

Nunstgewerbe-vereins München.

,886. q°ft & ,2 (23g. ,).
 
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