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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1886

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Heft 3/4
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Entwicklung der Glas-Malerei in der Schweiz, [2]: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbeverein zu München am 17. März 1885
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https://doi.org/10.11588/diglit.6901#0031

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Sitte und für das Verständniß ihrer Entwickelung von
maßgebender Bedeutung.

Und so oder ähnlich, wie es in Zürich war, wird es
auch in Bafel, Schaffhausen, Bern, Luzern rc. gewesen
sein und daher rührt die unglaubliche Menge der produ-
zirten Scheiben, welche alle möglichen gegenseitigen Freund-
schafts-, Lebens-, Unterthanen- oder andere Verhältnisse
charakterisiren.

Nr. 2\.

Usit dem Ende des f6. Jahrhunderts stellen sich die Zeichen
öes Verfalls in der Aunst ein. 2TUt dem Beginne des
Jahrhunderts nimmt die Sitte des Wappenfchenkens
ab und damit auch natürlich die Zahl der Glasnmler.
^Uan begann mit der opaken Malerei zu wetteifern, die
Bleiung wurde, so weit wie möglich, vermieden und dafür
sa viel Farben als nur thunlich auf einer Platte ange-

wendet. Hand in Hand damit ging auch der Verfall der
Formen. Allerlei verschnörkeltes Zeug tritt an Stelle der
gefunden, kraftvollen Renaissanceformen, die Architekturen
werden schablonenhaft ohne jede Originalität, kurzum, die
ganze Art der Aunst sinkt rapid.

Endlich verzichtete man am Ende des \7. Jahrhunderts
ganz auf farbige Wirkung und die Grifaillen kamen in
Flor, die denn auch meistens nicht mehr selbständig künst-
lerische Aompositionen, sondern Aopien nach Kupferstichen
u. dgl. zeigen. Rahn drückt sich darüber zutreffend aus in
den Worten: Rückhaltlos wird man angesichts mancher
solcher Werke den sauberen Fleiß der Arbeit loben, aber
der Eindruck bleibt doch der, daß die Grisaille das Bekenntniß
der absoluten Impotenz in der Farbengebung war.

Der letzte Züricher Glasmaler hieß Ulrich Wäber.
Er starb \730 und mit ihm löschte die Gilde für lange
Zeit aus.

„In der Zeit von J530 bis \570 etwa hat die
schweizerische Glasmalerei ihre schönsten Blüthen getrieben.
Aus allen ihren Werken erhellt, wie enge damals Kunst
und Handwerk mit einander verwachsen waren, denn auf
die ersten der damals lebenden Künstler führen eine Reihe
von Entwürfen zurück und in der That, will man das
Eindringen und die allmählige Entwickelung der Renaissance
auf deni heimischen Boden verfolgen, so bieten die aus
jenen: Zeiträume stammenden Glasmalereien hiefür die
schönsten und charaktervollsten Belege dar. In technischer
Beziehung war allerdings schon zu Anfang des (6. Jahr-
hunderts Bedeutendes geleistet worden, aber gewisse Proze-
duren, wie die Erstellung der charakteristischen Halbtöne
haben doch erst die Meister um s530 erfunden. Ein
Kapital von handwerklichen Erfahrungen gestattete ihnen
jetzt schon, die höchsten Reize zu produziren, während ein
sicherer Takt, das Erbe der älteren Richtung, dem Streben
nach den: Raffinirten und Koketten wehrte und zur Folge
hatte, daß solche Effekte mehr den Eindruck der Feinheit,
als den einer bewußten Schaustellung technischer Künsteleien
erwecken. Auch ohne die Nachrichten zu kennen, die von
der hohen Werthschätzung unserer heimischen Produkte
zeugen, könnten wir uns allein schon aus dem Vergleich mit
fremden Arbeiten davon überzeugen, daß die damalige
Aunst der schweizerischen Kabinetmaler in keinem Lande
ihres Gleichen hatte. (Rahn, Bericht über Gruppe 58
der Schweiz. Landes-Ausstellung).

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