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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Erbstein, Ambros: Adel und Volk in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0031

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Adel und Volk in der Kunst.

4Y. Rauchfässer; nach Entwurf von Beruh. wenig, München ausgeführt von Joseph Götz, Regensburg.
In Messing getrieben, das obere versilbert, die unteren dunkel patiniert. (V4 d. wirkl. Größe.)

konnte demokratischer und volkstümlicher sein, doch
gleichzeitig sollte das Volk vom Unterhause gänzlich
ausgeschaltet werden, indem der Adel die Wahlen
so beeinflußte, daß wirkliche Vertreter des Volkes
nicht ins Parlament gelangten. Durch eine geschickte
Einteilung der Wahlkreise, durch den Kauf der
Stimmen ganzer Bezirke und durch Bestechung der
wenigen Abgeordneten, die auf gesetzliche Weise ge-
wählt worden waren, hatten die großen Familien
des Landes vermöge ihrer Reichtümer bald die Herr-
schaft über das Unterhaus erlangt. Im Jahre ^ 688
fing die durch Bestechung und Ränke erschlichene
Regierung des Adels an und währte über hundert
Jahre. Die Bestechung und Käuflichkeit waren ge-
wöhnliche Dinge geworden, und man hielt es für
gar nicht möglich, das Parlament ehrlich zu leiten.
Selbst ein Staatsmann wie Pitt scheint dieses ver-
werfliche System geduldet zu haben. Der Erfolg des
Adels war so groß, daß z. B. zu einer Zeit der
Uerzog von Norfolk durch elf, der Lord Lonsdale
durch neun, Lord Darlington durch sieben und viele

andere Aristokraten durch ungefähr gleichviele Sa-
trapen im Unterhause vertreten waren. Noch im
Jahre \82{ schrieb Sidney Smith: „Das Land ge-
hört dem Herzoge von Rutland, Lord Lonsdale, dem
Herzoge Newcastle und etwa zwanzig anderen Hältern
von Wahlkreisen. Sie sind unsere Herren." Tat-
sächlich waren lange Zeit etwa neun Zehntel der von
den ländlichen Bezirken gewählten Mitgliedern des
Unterhauses Verwandte der adeligen Familien oder
von ihnen angeworbene und gänzlich abhängige
Leute. Erst im Jahre s832 ging diese Herrschaft
des Adels zu Ende.

In die gleiche Zeit fällt der Auf- und Nieder-
gang der georgianischen Kunst. Wie die Adelsherr-
schaft das Volk von der Regierung ausschloß, war
auch in der Kunst des s8. Jahrhunderts keine Regung
für das Volk vorhanden. Kunst und Politik stimmen
hier völlig überein. Die Namen eines Newcastle,
Lonsdale, Reynolds, Adam, Sheraton usw. können
in einem Atem genannt werden, denn auch die
Künstler nutzten ihr Talent bloß zur Verherrlichung

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