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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Chronik des Bayer. Kunsgewerbevereins
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Lhronik des Bayer. Aunstgewerbevereins.

oder Abart der „isometrischen Zeichenweise" ge-
nannt. Noch schlimmer ist, daß der Verfasser auch
die Lchnellperspektive (Seite 6s) anführt, ein gänzlich
unrichtiges Verfahren, das überhaupt keine mathe-
matisch richtigen Bilder liefert. Auch über den
Charakter der Reliefperspektive (S. (89) fehlt jede
prinzipielle Erörterung. Zm wesentlichen behandelt
der Verfasser die Herstellung einer Perspektive, wenn
das Objekt in Grund- und Aufriß gegeben ist.
Zur Bestimmung des Bildes eines Punktes wendet
er ein Verfahren an, das darauf beruht, daß man
durch den Punkt eine beliebige parallele zur Grund-
ebene zieht. Das Bild derselben läßt sich leicht
zeichnen. Gin zweiter Ort für das Bild ist dann
die Vertikale, nach der die durch das Auge und den
Punkt gelegte Lotebene zur Grundebene die Bild-
ebene schneidet. Dieses Konstruktionsverfahren wird
in drei Regeln und einer Nebenregel dein Leser
nahegebracht. Der Verfasser glaubt beifügen zu
müssen, die Regel gelte immer. „Nkag der betreffende
Punkt auch auf einer konzentrischen Kurve oder einer
Neigungssiäche sich befinden, auf einer Gewölberippe
oder dem Gasarm eines freischwebenden Beleuch-
tungskörpers liegen." Vorangeschickt ist eine Dar-

stellung des Grund- und Aufrißverfahrens. Dabei
zeigt sich aber — abgesehen von allen prinzipiellen
Fehlern — der Mißstand, daß alle Figuren Schatten-
konstruktionen enthalten, wodurch die Übersichtlichkeit
sehr leidet. Der Verfasser dringt in dieser Einleitung
bis zu ganz schwierigen Problemen vor, z. B. zur
Durchdringung zweier Regel (Fig. 20a). Am meisten
befriedigt der Abschnitt s8, „Die freie Perspektive",
indem ‘Körper, die nicht durch Grund- und Aufriß
gegeben, mehr aus freier pand dargestellt werden.
Hier zeigt sich der Verfasser als gewandter und ge-
übter Zeichner. Endlich zeichnet sich das Buch über-
haupt durch eine gewisse Reichhaltigkeit und Viel-
seitigkeit aus. Wir lesen Bemerkungen über die
Perspektive in der Photographie, über die Photo-
grammetrie oder Meßkunst, über Stereoskopbilder,
über das Diorama und Panorama, Wand- und
Deckenperspektive, Ballonperspektive, Theaterperspek-
tive und farbentechnische Bemerkungen. Wo der
Praktiker zu sprechen hat, findet sich auch manche
gute Bemerkung. Das Titelbild möchte der Referent
misten, sonst sind die beigegebenen Bilder (Auto-
typien) gut.

Karl Doehlemann.

Lljronil i>ks VsIkkigm Runßgkivkrßkvkrkins.

Mochenversammkungen.

Achter Abend — den 2\. Januar — Vortrag von
Dr. Benno Rauecker über „die wirtschaftlichen Grundlagen
des modernen Aunstgewerbes".

Die Wichtigkeit des Gegenstandes veranlaßte uns, den
Vortragenden um Überlassung seines Manuskriptes an die Zeit-
schrift Zu bitten; wir werden deshalb in einem der aller-
nächsten kfefte die interessanten Ausführungen zum Abdrucke
bringen.

Neunter Abend — den 28. Januar — Vortrag von Jul.
Kempf in paffau „über Schmuckformen der Holzbauweise".
Der Vortragende, dessen Beruf als Architekt und Lehrer ihn
in sehr enger Berührung mit dem Holzbau hält, begann seine
Ausführungen mit Schilderungen von Jugenderinnerungen auf
diesem Gebiete und gab dann unter Vorführung von Licht-
bildern nach eigenen photographischen Aufnahmen und Skizzen
einen Überblick über die so ganz logisch aus dem Tektonischen
entwickelte Holzbauweise, an die sich die Ausschmückung innig
anschmiegt; beginnend mit dem einfachen Blockhaus, das noch
heute in so mannigfaltigen Formen besonders in den Hochgebirgs-
täleru herrscht, bis zu dem hochentwickelten Fachwerkbau. Der
Redner hatte ein sehr reichhaltiges Material zusammengetragen,
das überdies den Vorzug hatte, fast ganz nur Heimatkunst zu
bieten, — wenn wir das benachbarte Tirol bei dem Begriffe
„He!mat"einschließen. Erversäumte auch nicht, aus die malerischen

Vorzüge der ländlichen Holzhäuser hinzuwcisen, die mit ihren
von der Sonne gebräunten wänden und den silbergraueu
Schindeldächern so reizvoll in der Landschaft stehen. Sein zum
Schluß ausgesprochener Wunsch nach Erhaltung unserer schönen
alten Bauerndörfer fand allseitige Zustimmung, wie der ein-
mütige Beifall erkennen ließ.

Am Zehnten Abend — den ; l. Februar — war zur Über-
raschung der meisten der Festsaal mit Lorbeer und Mimosen ge-
schmückt, als der Vorsitzende, Pros, pfeiser, die Versammlung er-
öffnete, mit der Verkündigung, daß Se. Agl. Hoheit prinz-Regent
Ludwig gleich seinem verstorbenen Vater das Protektorat über den
Verein übernommen habe; der Vorsitzende wies dabei insbe-
sondere daraus hin, daß der Verein sich von jeher der Förderung
durch das wittelsbachische Königshaus erfreuen konnte und daß
prinz-Regent Ludwig durch die Förderung der prinz-Ludwig-
Hallen im Ausstellungspark sich ganz besondere Verdienste um
das Aunstgewerbe erworben habe.

Darauf hielt prof. Vr. Karl Doehlemann einen Vor-
trag über „Rembrandts Lichtbehandlung", der davon ausging,
daß um zsoo ein Frankfurter Maler — Adam Elsheimer
(eines Schneiders Sohn) — nach Rom zog, dort mit Eifer von
allem das Beste lernen wollte, zu hohem Ansehen gelangte und
bis zu seinem Tode verblieb. Zu seiner Zeit waren noch die
auf Michelangelo zurückgeheuden theoretischen Richtungen, die
akademisch-eklektische Schule bevorzugt; dagegen kämpfte aber
schon Earavaggio mit dem Grundsatz: „Nur die Rückkehr zur
 
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