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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Buschmann, Johann: Die Künstler und die Industrie
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Pudor, Heinrich: Gediegenheitswerke in Industrie und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0207

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Die Künstler und die Industrie.

373 u. 574. Orientalischer Ehering (Rettenring) mit Inschriftplatte, welche — wenn der Ring geschlossen ist — (Abb. 37-t) durch

zwei ljände gehalten wird. Gold; ;8. Jahrhundert

Wicklung der Betriebe, die mit Künstlern Zusammen-
arbeiten. Sie lehrt auch, daß der Ausgleich annähernd
auf der pöhs der Bedürfnisse — auch der Geschmacks-
bedürfnisse — des von dem Vertrieb versorgten Pu-
blikums gesucht werden muß. Das ist Bedingung da-
für, daß er wirtschaftlich befriedigend ausfällt. Daß
er auch in ästhetischer pinsicht allen billigen An-
forderungen genügt, dafür ist Bedingung, daß der
Künstler es nicht verschmäht, bei ihm mitzuwirken.
Das ist eben die zweite Phase seiner Tätigkeit, die
für uns jetzt gerade erst beginnt. Dabei wird aber
auch der Künstler wieder der Industrie nicht ent-
raten können.

376. l«- Jahrh.

Es ist wie auf anderen Gebieten auch: Dis großen
Anregungen, die Entwicklungsstöße kommen von den
ungebärdigen „Outsiders", die sich ins System zu-
nächst nicht einfügen wollen und können. Das hat
— um auf ein anderes Gebiet hinzuweisen —
Zeppelin wieder gelehrt. wenn's dann aber gilt,
das in weiten, vagen Umrißlinien vorgezeichnete
Mögliche auszubauen, für die Allgemeinheit frucht-
bar zu machen, was die kühne Tat eines Drauf-
gängers in Besitz nahni, dann erfordert das eben die
Eingliederung in die Bedingtheiten unserer Wirt-
schaftsordnung. Auch dafür ist die Eroberung des
truftmeeres ein Beispiel. Und wenn man das Er-
werbsprinzip ausscheiden, also eine neue Ordnung
schaffen könnte, dann wäre das nicht anders.

Johann Buschmann.

(Aediegenßerieiverte m Industrie

und lXunsk^ewerße.

(Von Dr. Heinrich spudsr.

f^ie große Masse alles dessen, was in der
8» Kurz-, Galanterie- und verwandten Branchen
zq) produziert wird, ist nicht als eine solide,
gebrauchstüchtige und geschmackoolleware, geschweige
als Kunstgewerbe zu bezeichnen. Dieses Urteil klingt
hart, aber es muß ausgesprochen werden, und wir
werden nicht eher vorwärts kommen, bis wir das
Zutreffende dieses Urteils eingesehen haben. Gerade
deshalb, weil es an Gebrauchstüchtigkeit, Geschmack
und vielfach an Zolidität mangelt, sucht man durch
Neuheiten zu blenden und peitscht die Mode an, imnier
und immer wieder das Alte, das sich ja doch nicht
bewährt, fallen zu lassen. „Der wahnsinnig stürmisch
fortschreitende Modewechsel ist der gefährlichste Feind
einer Höherentwicklung des Kunstgewerbes" sagt ganz
richtig Df. El. Peiß in einem Aufsatz „Talmikunst
und Talmiindustrie" in den „Volkswirtschaftlichen
Blättern". Die Neuheit muß den Ersatz bilden für
das, was an Gediegenheit, Zweckmäßigkeit und feine-
rem Geschmack abgängig ist. wenn das Neue in
einer Verbesserung des Materials, der Arbeit, der
Gebrauchstüchtigkeit bestände, würde es auch uns
willkomnien fein. Aber zumeist ist es etwas rein
Äußerliches, besteht in einem Trick, in einer effekt-
volleren Aufmachung, in einem neuen Dekor u. dgl.
Das wesentliche, die Arbeit, das Material, die Zweck-
mäßigkeit, denkt man seltner zu verbessern. Daher
kommt es, daß ganze Industrien künstlerisch und ge-
schmacklich vollständig darniederliegen, wie z. B. die
Industrie der Bäder , Reise-p, Bazarartikel, die Indu-
strie der — um alphabetisch vorzugehen — Atrappen,
Andenkenartikel, Bijouterien, Blechspielwaren, Brand-

>) Anerkennenswerterweise will der lharzklub eine Reform
des Andenkenwesens vornehmen in Anbetracht dessen, daß „ein
kunstgewohntes Auge geradezu schaudern müsse vor dem, was
es heute in den rneisten ljarzandenken-verkaufsstellen erblickt
(— Auch der bayer. chausindustrieverband wirkt in ähnlichem
2i""- Die Lchristleitung.)
 
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