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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Fischer, Joseph Ludwig: Die Entwicklung der Glasmalerei und ihre modernen Verwendungsmöglichkeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0417

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723. Fenster in der neuen Aula der Universität München; nach Entwurf von lvilh. Aöpxen ausgeführt von
Z. Are uz er, München. (Gesamtfensterbreite n,80m.)

(Die Sntwießkung der
makerei und ihre modernen
Verwendungsmöglichkeiten.

(Von vr. Joseph Ludwig Lrscher.

er die Entwicklung der Glasmalerei
verstehen und würdigen will, muß
ihre geschichtlich sanktionierte dop-
pelte Aufgabe im Auge behalten.
Sie ist ein das Raumbild run-
dender Bestandteil des Baupro-
gramms, wie sie gleichzeitig dem Beschauer die wich-
tigsten Lehren der Religion darstellen sollte. Woher
kommt die Glasmalerei, wessen Landes Baukunst
hat erstmals den buntfarbigen Fensterschmuck in ihr
Bauprogramm einbezogen? Über diese Fragen haben
wir im Lauf der Zeit schon viele Antworten gehört.
Wie um die Heimat Homers, so streiten sich zahlreiche
Stätten um den Geburtsort der Glasmalerei. <£s
genügt von diesem Streit festzustellen, daß sich wie
Frankreich, so auch Deutschland rühmt, die ersten
Glasgemälde hervorgebracht zu haben. Beide Länder
weisen große Verdienste um die Entwicklung der
Glasmalerei auf, allein diese Kunst hat weder in

dem einen, noch in dem anderen ihr Kindesalter
erlebt. Die ersten Regungen des buntfarbigen Fenster-
schmucks fallen allerdings mit der Blüte der abend-
ländischen Kirche zusammen. Es waren bunte Gläser,
deren Herstellung schon mindestens 2000 Zahre be-
kannt war, die in ein, als ornamentale Gruppe
stilisiertes, Stein- oder f}ol5=, seit dem 8. Jahrhundert
Bleinetz eingesetzt wurden. Sehr früh (im 8. Jahr-
hundert) muß es auch schon in Übung gewesen sein,
Pflanzen, tier- und menschenähnliche Figuren als sogen.
Buntverglasung herzustellen, d. h. die gesamte Kontur
durch das Bleinetz zu führen. Kitt dieser Annahme
wäre erklärt, daß die unter den späteren Karolingern
bezeugten Glasmalereien tatsächlich Figürliches dar-
stellten, aber unter sehr beschränkter Verwendung der
uns unter dem Namen Schwarzlot bekannten Mal-
farbe. Die ältesten, heute noch erhaltenen Glas-
malereien sind die fünf Standfiguren in der südlichen
Hochschiffwand des Augsburger Doms. Sie stellen
vier Propheten und den König David dar, der in
der Regel den Prophetenbildern beigegeben wurde.
Mau kann sie ungefähr in die Mitte des ff. Jahr-
hunderts versetzen. (Siehe Abb. 72p)

Auf den ersten Blick erkennt man, daß dem
Künstler bzw. den Künstlern — denn in der Handschrift
lassen sich mindestens zwei Meister unterscheiden —

Kunst und Handwerk. 63. )al?rg. Heft HO

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