Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

DOI Artikel:
Lory, Karl: München und die Provinz: Arbeiten der Firma E. O. Heydecker, Kempten i. U.
DOI Artikel:
Kleine Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0394

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kleine Nachrichten.

der Tat in unübertrefflicher Meise auf die richtige
zeitgemäße Formel zu bringen weiß. Angesichts des
Bildungsgangs des Rünstlers (Realschule, Industrie-
schule und technische pochschule zu Darinstadt) kann
man im Einblick auf manche ganz überraschend
gelungene Arbeiten — von denen leider Abbil-
dungen nicht zu erlangen waren, die aber in der
Tat an die Arbeiten unserer besten Sachkünstler
heranreichen — nur sagen, daß eben die angeborene
Begabung trotz aller Bildungswege zum Durchbruch
kommt. Denn weder die Industrie- noch die tech-
nische Hochschule sind Stätten, in denen das Schwer-
gewicht auf die feine Geschmackskultur gelegt wird
bzw. gelegt werden kann. Auch eine originelle
Erfindungsgabe kann man ihm nicht absprechen.
Alan betrachte z. B. auf der in Abb. 702 abgebildeten
Wohnzimmerecke die beiden Schränkchen links und
rechts von der Standuhr. Bei aller Einfachheit
wirken sie doch nicht nüchtern, vor allenr aber über-
treffen sie an praktischer Verwendbarkeit alle unsere
üblichen Serviertische, Rredenzen usw. Indem sie
nämlich Glaswände haben, schützen sie die hinter-
stellten Dinge vor Staub und gewähren doch einen
sofortigen Überblick; mit einem einzigen Griff ist
jedes Stück zu packen. Ich habe mich stets gewundert,
warum die Firma diese originellen Sachen nicht auf
die Gewerbeschau sandte; jedenfalls wäre hier geradezu
ein Schulbeispiel dafür gefunden gewesen, was die
Gewerbeschau suchte (und leider Gottes nur teilweise
fand): neuartige, praktische und zugleich geschmack-
volle Gebrauchsgegenstände. Das Buffet auf dem
gleichen Bilde aber fordert zun: Vergleich mit ähn-
licher Fabrikware auf, die bei Verwendung der
gleichen Formen und Linien, des gleichen Ausbaues
es nicht zu jenen in sich ruhenden Maßen bringt,
wie wir es hier vor uns sehen.

Der Bücherschrank (Abb. 703) widerlegt einen
ganz zu Unrecht gegen unser gutes Provinzgewerbe
erhobenen Vorwurf: daß es gewisse „Finessen" nicht
habe. Ganz abgesehen davon, daß Beschläge und
ähnliche Dinge bei allen Arbeiten der Firnm peydecker
völlig einwandfrei sind, haben wir hier ein (wenn
auch ganz anspruchsloses) Beispiel für die von ihr
sehr beliebte Anwendung oft kunstvoller und stets
subtil durchgeführter Intarsien. Die Abb. 70^
zeigt eine überaus sachliche, aber geschmackvolle und
solide Lösung des Rleiderschrank-Problems, eine
Kombination von Wäsche- und Rleiderschrank, der
zweifelsohne ein glücklicher Gedanke zugrunde liegt.
Beachtenswert ist vor allem der Zusammenklang
zwischen wuchtiger Gesamt- und freundlicher Mittel-
wirkung sowie die Aufhebung jedes plumpen, kasten-
förmigen Eindrucks durch die Materialverteilung auf

den großen Flächen. Auch das Pfeilerschränkchen
(Abb. 705) ist eine originelle Romposition gegebener
Motive, vielleicht etwas zu hoch geraten. Bei der
Frisiertoilette (Abb. 707) sind natürlich die störenden
Gegenstände auf den beiden Schrankplatten links und
rechts wegzudenken. Die Abb. 708 und 709 verraten
zwar eine gewisse Anlehnung an historische Stilsormen;
aber namentlich die Rredenz wirkt dabei durch ihre
ursprüngliche, naive Auffassung förmlich „echt" (int
künstlerischen, nicht im archäologischen Sinn). Gerade
wir in München kennen solche völlig einwandfreie
„Anlehnungen" aus den guten Zeiten des Wieder-
erwachens unseres Runstgcwerbes, das ja ohne
Studium geschichtlicher Vorbilder nicht möglich ge-
wesen wäre. Bei Abb. 7P verdient namentlich die
idyllische Nähtischecke (sowie die ganze gediegene und
dabei völlig individuelle Art des Nähtisches selber)
unsere Aufmerksamkeit; leider gibt unser Bild keine
Vorstellung von den technischen Feinheiten
dieses Stückes, ebensowenig wie Abb. 7s0 einen ge-
nauen Einblick in die bewundernswerte technische
Exaktheit dieser Arbeiten aus indischen: Zitronenholz
ermöglicht; wohl aber erkennt gewiß jeder aus den
ersten Blick mit Wohlbehagen die Leichtigkeit und
Bequemlichkeit dieser einwandfrei gebauten Stühle.
Das ist ja auch hauptsächlich Zweck des begleitenden
Textes, ergänzend zu wirken; und es ist uns das
um so leichter möglich, als wir alle die abgebildeten
Stücke aus eigener Anschauung, und zwar betrachtet
in: Zusammenhang der Gesainteinrichtung, kennen.

Vielleicht haben diese Zeilen die Wirkung, daß
gelegentliche Besucher Ren:ptens sich die Ausstellungs-
räun:e und ev. sogar die Werkstätten der Firma
ansehen, und wäre es auch nur zu den: Zweck, um
von den: bayerischen Provinzgewerbe einen ent-
sprechenden Eindruck zu gewinne::.

Nkeme Nachrichten.

(Vereine, (Museen, Schuten, -Aussteifungen,
Mettöeweröe gc.

rir Förderung des Handrverksuiiterricbrs. Das
gewerbliche Fach- und Fortbildungsschulwesen er-
fordert zu seinem Ausbau immer größere Mittel,
die noch bewilligt werden in dem Bestreben, das
pandwerk zu fördern. In dieser Erkenntnis hat kürz-
lich auch der Rat zu Dresden beschlossen, die städ-
tische Beihilfe für die Fachschule des Allgemeinen
pandwerkervcreins von: Jahre lstfo an von jährlich
5600 AI. auf 5 0 00 M. zu erhöhen. Diese nicht
unwesentliche Erhöhung der städtischen Beihilfe trägt
sicherlich zur Förderung des pandwerksunterrichts bei.

282
 
Annotationen