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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Pudor, Heinrich: Gediegenheitswerke in Industrie und Kunstgewerbe
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Wais, Joseph: Ludwig Mühlbauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0209

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Gediegenheitswerte in Industrie und Runstgewerbe.

durch den Dekor zu wirken statt durch möglichst weit-
gehende Perausarbeitung des Gebrauchszweckes. Die
Nippestisch-Unkunst wuchert noch immer hier, ob nun
der räumliche Umfang der Waren groß oder klein
oder winzig, ist und oft sind es gerade die monumen-
talen Stücks, die wie Nippes wirken.

Die Kristallglasindustrie gehört dagegen noch
immer zu den wenigen Branchen, die wirklich (Juali-
tätswaren bringen. Auf diesem Gebiete ist auch die
Neuheiten-Manie am wenigsten zu spüren.

In der keramischen Industrie liegt das Gute
hart neben dem Schlechten. Pier finden wir noch
am meisten kunstgewerbliche Erzeugnisse und dabei
aus der anderen Seite wieder am meisten Schund.
Ganz tief steht noch immer das Niveau der Terra-
kotta-, Porzellannippes-, Majolika-Industrien. Im
figürlichen Porzellan wird noch immer wenig Tharak-

385. Portal mit Balkon am Bberpostdirektionsgebäude zu
Augsburg. Bildhauerarbeiten von Ludwig Mühlbauer.
Architektur von Ministerialrat tvicklein.

382. Relief an der Balkonbrüstung des Vberxostdirektions-
gebäudes zu Augsburg; von Ludwig Mühlbauer.

terware produziert, und beim Porzellanservice sucht
oft genug die billige Malerei, die meist Aufdruck ist
über materielle Mängel hinwegzutäuschen. Auf der
anderen Sette haben wir eine lange Reihe solcher
Fabriken in Deutschland, welche Qualitätswaren er-
zeugen, wie Bauer & Pfeiffer, Permann Ohme,
Krautheim 6c Adelberg, Schwabe 6c Lo., FritzThomas,
Jäger 6c To., Burgauer Porzellanmanufaktur. Was
Basen und Schalen betrifft, seien Metzler 6c Ortloff,
Gebr. peubach, Friedrich Kästner, dessen Tierpor-
zellane und Pflanzendekorvasen zum Teil auf höchster
künstlerischer Stufe stehen, und die neue SchwarZ-
burger Werkstätte für Porzellankunst von Max
Adolf Pfeiffer hervorgehoben.

Noch enger wird der Kreis, wenn wir an wirk-
lich intime und delikate künstlerische Werte denken.
Dann müssen wir leider doch ausländische Namen
nennen, wie Daum Freres und Galle, wie Rörstrand
und Baccarat, gar nicht genug Tob und Ruhm darf
dagegen der Wächtersbacher Steingutfabrik gezollt
werden, deren Erzeugnisse in vorbildlicher Weise Ge-
brauchstüchtigkeit neben gutem Material und guter
Arbeit und dabei zugleich künstlerische Intimität
und Delikatesse zeigen.

Ludwig MühkKauer.

Q)oit Joseph Mais.

tc lebhaften kunsterzieherischen Be-
strebungen unserer Tage beschrän-
ken sich nicht darauf, ein Kunst-
werk lediglich nach Horm und In-
halt klar verständlich zu machen
und so ein Kunstverständnis von
Hall zu Hall zu erzielen; sie greifen tiefer und suchen
dem Taien einen Blick auch in die seelische Werkstatt
des Künstlers zu vermitteln, ihm ein Bild vom see-
lischen Werdeprozeß, vom Erleben des Kunstwerkes
zu geben und auf diese Weise in ihm Berständnis
für künstlerisches Schaffen und für die Kunst über-
haupt zu wecken. Bon einer solchen Kunsterziehungs-
 
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