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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Fischer, Joseph Ludwig: Die Entwicklung der Glasmalerei und ihre modernen Verwendungsmöglichkeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0418

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Die Entwicklung der Glasmalerei und ihre modernen Verwendungsmöglichkeiten.

das byzantinische Aunstideal für die Zeichnung Vorgelegen hat. Jedoch
ruht in dem für das Aunstgewerbe fo fruchtbaren Boden des morgen-
ländifchen Raifertums keineswegs die erste Wurzel der Glasinalerei; die
eigentümliche, in einer Art Halb-Palmette auslaufende Spirale an den
Amen der Augsburger Figuren, das prachtvoll stilisierte Ornament
findet sich zum erstenmal in jenen: eigentümlichen Aunstkreis, den man
„fasfanidifch-perfifch" nennt. Über Byzanz drang er nach Westen. By-
zantinische Emailleure, nicht italische Mosaizisten, haben die Glasmalerei
nach Deutschland und Frankreich gebracht. Darum auch die Verwandt-
schaft der ältesten Glasmalereien mit Emailgegenständen, nicht, wie man
allgemein meint, mit dem Mosaik. Die ältesten Glasgemälde in Augs-
burg weisen durchweg ziemlich große Glasstücke auf, die in nichts an
die kleinen Würfel des Mosaiks erinnern. Die vom Orient teils über
Regensburg, teils über Sizilien nach dem Westen gewanderten byzan-
tinischen Emailleure trafen an den natürlichen Haltepunkten, in den
Alöstern, allenthalben auf fertige, oft hochentwickelte Miniatorenschulen,
die den Stil der Glasgemälde aufs nachhaltigste beeinflußten. Es läßt
sich Nachweisen daß Eigentümlichkeiten, die in der Salzburger Schreib-
stube herrschten, auf den Augsburger Fenstern, aber auch auf Glas-
gemälden zu Thälons-sur-Marne Vorkommen. Wir dürfen annehmen,
daß die Glasmalerei nach einer längeren Station in Deutschland nach
Frankreich weitergewandert ist, daß aber dieser Priorität in Deutschland
eine bis ins f5. Jahrhundert dauernde Nachahmung der französischen

Moden durch die

725. Glasbild auf Schloß Hohenschwangau.
(Vs d. wirft. Größe.)

deutschen Schulen
gefolgt ist. Wie
dem auch im ein-
zelnen sei, jeden-
falls ist die Glas-
malerei, was ihre
Technik und ihre
Stilistik betrifft,
gleich zu hoher
Vollendung ge-
langt. Das rührt
hauptsächlich da-
her, daß die Glas-
malerei von An-
fang in das Bau-
programm aus-
genommen war.

Während heute

Glasfenster ineist erst durch langsame Sammlungen
in der Gemeinde oder durch fromme Stiftungen oft
lange Zahre nach Vollendung des Baues angefer-
tigt werden, haben dis Bauherrn und Bauleiter
der karolingischen und romanischen Periode den
buntfarbigen Fensterschmuck schon bei dem Entwurf
eingefügt, wie verschiedene noch erhaltene Bau-
berichte, z. B. der über das Frauenmünster zu Zürich,
über das Münster zu S. Denis von Abt Suger be-
weisen. Die Glasmalerei hat sich bis zu den Zeiten
des Verfalls dem Tharakter des Baues völlig ein-

724. Lenster aus dem Augsburger
Dom. (Vis d. wirft. Größe.)
 
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